Der österreichische Bariton Martino Hammerle-Bortolotti im Gespräch:
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Über Fibich, Hymnen und Fanfaren
Bereits zum wiederholten Male ist der österreichische Bariton beim alljährlichen Klassikkonzert „Formen der Musik“ im mährischen Brünn aufgetreten. Die ehemalige langjährige Vorsitzende des Deutschen Kulturverbands, Frau Hanna Zakhari, bat den Künstler wiederum zum Gespräch.
Herr Hammerle-Bortolotti, auch in diesem Jahr war Ihr Auftritt ein großer Erfolg und die Konzertbesucher waren von Ihrer Leistung tief beeindruckt. Das Publikum hat das Gefühl, dass Ihnen die Konzertreihe „Formen der Musik“ ein besonderes Anliegen ist, oder?
Ja, sehr sogar! Dieses Konzert ist eine bemerkenswerte Veranstaltung in mehrerlei Hinsicht, nicht nur innerhalb des alljährlichen Brünner Festivals „Babylonfest“ an sich, sondern auch im Bezug auf das ganzjährige kulturelle Geschehen der Stadt Brünn. Auf dem Podium stehen nämlich Musiker verschiedener Nationalitäten, welche die gesetzlich anerkannten Minderheiten in Tschechien repräsentieren und gewissermaßen als musikalische Botschafter fungieren dürfen. Infolgedessen ergibt sich eine ganz bunt gemischte Zusammenstellung von Werken ganz unterschiedlicher Komponisten, die in dieser Art und Weise völlig zu Recht als einmalig bezeichnet werden darf.
Für Ihren diesjährigen Auftritt haben Sie wiederum eine Arie von Zdeněk Fibich ausgewählt. Dieser tschechische Komponist liegt Ihnen offensichtlich sehr am Herzen.
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Ja, das stimmt. Mir gefällt Fibichs Musik und mir gefällt auch Fibichs Lebensgeschichte. Seine Mutter war ja Wienerin, sein Vater ein tschechischer Oberförster. Allein diese „Mischung“ ist mir schon sympathisch. Fibich ist ja leider recht jung verstorben (im Jahre 1900). Er wurde nur 50 Jahre alt. Seinen Geburtsort, ein Forsthaus am Waldrand in der Nähe des malerischen Dorfs Všebořice, habe ich sogar zweimal besucht. Es ist ganz leicht zu finden. Es liegt unweit an der Autobahn D1 Brünn – Prag, Ausfahrt 66 „Čechtice“. Von da an fährt man durch eine sehr liebliche Landschaft und ist nach etwa 8 Autominuten am Ziel angelangt.
Beim diesjährigen Konzert haben Sie die Arie des Lambro aus Fibichs Oper „Hedy“ vorgestellt. Es ist interessant, dass ausgerechnet ein österreichischer Sänger die Voraussetzungen mitbringt, den enormen Anforderungen dieser tschechischsprachigen Arie zu entsprechen.
Es ist wahr, dass diese Arie sehr anspruchsvoll ist, nicht nur stimmlich, sondern auch ausdrucksmäßig. Sie ist sehr dramatisch. Kurz erzählt, es geht um den Piratenkapitän Lambro, der von einer Seefahrt zurückkehrt und draufkommt, dass seine Tochter vor seinem Haus mit einem – natürlich unliebsamen – Bräutigam Hochzeit feiert. Die Arie beginnt mit einem äußerst spannenden Rezitativ, darauf folgt ein schneller Anfangsteil, der in einen etwas lyrischeren, aber hoch liegenden Mittelteil übergeht. Und beim grandiosen Schlussteil geht dann die sprichwörtliche „Post ab“, der mit einem lang anhaltenden, hohen G seinen effektvollen Abschluss findet. Eine unglaublich spannende Arie, ein unglaubliches Werk.
In Ihrem Repertoire haben Sie auch eine beachtliche Anzahl von Hymnen. Sind Sie jetzt auch ein Hymnensänger geworden?
Ja, so könnte man das sagen. Die tschechische Nationalhymne „Kde domov můj“ („Wo ist meine Heimat?“) habe ich bereits dreimal in meinem Leben gesungen. Für einen Österreicher, für einen Ausländer in Tschechien ist das eine große Ehre und Wertschätzung. Diese Nationalhymne war heuer als Schlusspunkt des „Internationalen Treffens der Meister des Rad- und Kutschenhandwerks und der Zügelmeister“ in Čechy pod Kosířem unweit von Olmütz angesetzt, und zwar um 22,30 Uhr vor etwa 2000 tschechischen Besuchern, die alle – logischerweise – Text und Melodie auswendig kennen. Lampenfieber kenne ich eigentlich nicht, aber in Čechy hatte ich dann doch auf einmal Herzklopfen vor Beginn des Auftritts bekommen. Im Herbst ist dann auch noch die Hl.-Wenzels-Hymne dazugekommen. Die österreichische Kaiserhymne habe ich gleich mehrmals gesungen, sowohl in Deutsch als auch in Italienisch und Tschechisch, im November 2023 sogar in der Wiener Hofburg.
In Ihrem Kalender sind zahlreiche Weihnachtskonzerte angeführt. Was für ein Programm haben Sie für heuer geplant?
Ich liebe Weihnachten und die Weihnachtszeit und dazu gehören natürlich die bekannten Weihnachtslieder, aber auch unbekannte. Auf dem Programm stehen zudem die Arie aus Bachs Weihnachtsoratorium und die herrlichen Weihnachtskantaten von Georg Philipp Telemann, die ich ja so sehr liebe. Mit dabei ist heuer auch ein Trompetenensemble der Brünner Philharmoniker unter der Leitung von Herrn Petr Hojáč, der mit den Festfanfaren von Antonio Salieri bestimmt für die richtige Weihnachtsstimmung sorgen wird. Darüber hinaus gibt es ein Wiedersehen mit dem Iglauer Konzertchor „Melodie“ unter der Leitung von Herrn Pavel Salák sowie mit den Kindern des Österreichischen Gymnasiums in Prag unter der Leitung von Frau Romana Kaduchová. Ich freue mich unheimlich auf diese abwechslungsreiche Zusammenarbeit.
Vielen Dank für Ihr Gespräch und weiterhin alles Gute!
Auch ich bedanke mich für die Möglichkeit zu diesem Gespräch.
Martino Hammerle-Bortolotti (* 25. Juli 1969 in Innsbruck) ist ein österreichischer Opern- und Konzertsänger der Stimmlage Bariton, Arrangeur, Musikforscher und Übersetzer. Er lebt seit 1995 in Brünn und abwechselnd auch in Wien und Florenz. Er trat mit Soloabenden in verschiedenen Städten in Deutschland, Italien, Österreich, Polen, Tschechien und der Slowakei auf. Aus Anlass der 300. Wiederkehr des Geburtstages von Kaiserin Maria Theresia im Jahr 2017 arrangierte er den ersten Teil des Maria-Theresianischen Gesangsbuchs für Bariton und Bläserquintett. Die 24 Lieder wurden im Rahmen der Napoleonischen Tage 2017 auf Schloss Austerlitz sowie bei den Festtagen „Audienz bei Kaiser Karl I“ in Brandeis an der Elbe aufgeführt. Weiters bearbeitete er das Notenmaterial für Teile der vergessenen Oper Die Templer in Mähren von Karel Šebor, die 2018 bei einem Konzert in der Schlossreithalle in Valtice vorgestellt wurden. 2019 verfasste er für die tschechische Theateragentur Dilia neues Orchestermaterial der Oper Hedy von Zdeněk Fibich. Im Jahre 2022 erstellte er komplett neues und digitalisiertes Notenmaterial der Kantate „Der Tyroler Landsturm“ von Antonio Salieri. Er sang mehrmals die österreichische Kaiserhymne sowie den St.-Wenzels-Choral und – als erster Österreicher und wahrscheinlich als erster Ausländer in der Geschichte überhaupt – mehrmals die tschechische Nationalhymne live in Tschechien.