Filmstart: Ende August 2018
CRAZY RICH
Crazy Rich Asians / USA / 2018
Regie: Jon M. Chu
Mit: Rachel Chu, Nick Young, Michelle Yeoh u.a.
Die Wege der Filmverleihe sind unerforschlich. Da springt ein Film an die Spitzen der US-Kinokassen, schlägt Action und Teenie-Unsinn (was nicht leicht ist). Und bei uns bringt ihn der Verleger, Warner Bros., verschämt und ohne Pressevorführung quasi heimlich in einige Kinos. Weil man meint, dass niemand sich für asiatische Protagonisten interessiert? Ach, die Hongkong-Filme haben kein Publikum?
Wie dem auch sei, der neugierige Filmkritiker weiß sich zu helfen und kann dann die Geschichte der „Crazy Rich“ nur empfehlen. Nicht bloß wegen der Optik, obwohl es legitim ist, sich an dem Über-Drüber-China-Kitsch zu ergötzen – man hat üppige arabische Hochzeiten gesehen, irrwitzige indische, aber die chinesischen nehmen es an Opulenz mühelos damit auf. Außerdem, wenn etwas schon unter Leuten spielt, die „verrückt reich“ sind, dann sind es auch ihre Häuser und ihre Outfits, die sich vor Speisen biegenden Tafeln, die kreischenden Shopping-Orgien … kurz, es gibt etwas zu sehen. Und vielleicht gibt es noch Frauen, die ins Träumen geraten angesichts von Männern, die sagen: „Kauf Dir alles, was Du willst…“
Zur Hochzeit eines Cousins in Singapur nimmt der in New York lebende Nick Young seine schöne Freundin Rachel Chu mit. Sie stammt aus armen Verhältnissen, wofür sie sich gar nicht geniert, und hat es immerhin bis zur Dozentin an einer Wirtschaftsuniversität gebracht. Er macht irgendwie „in Geld“ – aber wie unvorstellbar reich seine Familie zwischen Taiwan, Hongkong und Shanghai ist, das merkt Rachel erst, als sie mit Nick inmitten seiner zahllosen Verwandten ankommt. Die meisten sind kreischend nett – und eisig die künftige Schwiegermama (herrlich die aus vielen Asien-Kunstfilmen bekannte Michelle Yeoh, erstarrte Missbilligung unter perfekter Höflichkeit).
Nun geht es dem chinesisch-amerikanischen Regisseur Jon M. Chu in seiner romantischen Romanverfilmung von Kevin Kwan nicht wirklich um Kritik und Satire, aber einiges an gesellschaftlichen Überlegungen und Ironie steckt schon in der Sache. Denn man meint in diesen Kreisen ja doch, dass eine Frau wie Rachel, die nicht weiß, wie man reich ist, eigentlich nicht zu ihnen passt. Und selbst, wenn sie Chinesin ist (sie ist nicht einmal weiß oder schwarz! Das wäre vielleicht eine Katastrophe!) – eine amerikanische Chinesin, nein, das geht nicht… Die Vorurteile, die viele Clans pflegen, ja niemanden außerhalb ihrer Rasse und Klasse „hinein“ zu lassen (wie früher etwa auch der europäische Adel…), findet sich hier und heute – und man glaubt es aufs Wort.
Man muss die Schwierigkeiten und gezielten Beleidigungen, die hier ausbrechen, ebenso wenig im Detail schildern wie den ganz verschieden Zugang einzelner Familienmitglieder zu dem Problem (wobei bei den Chinesen immer noch die Alten die wirklich Mächtigen sind und die Ungezwungenheit der Jugend an die Kandare genommen wird). Es ist amüsant und macht zugleich betroffen, was hier vorgeht, und die Lösung des Problems (in Richtung Happyend oder nicht) liegt natürlich beim „Bräutigam“. Was ist wichtiger, Geld oder Liebe? Eine ganz alte Geschichte…
Der Film hat in Constance Wu die ideale Hauptdarstellerin, die schöne junge Frau, die durch ihre Herkunft geerdet ist. Und an Henry Golding als ihrem Freund hängt die Lösung – wird er oder wird er nicht? Wie immer: Man erfährt viel darüber, auf chinesisch „verrückt reich“ zu sein und jede Menge Probleme damit zu haben…
Renate Wagner