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COSWIG/ Villa Teresa: ABSCHIEDSPARADIES – AUF SINNLICHEN PFADEN MIT MOZART UND BRAHMS“

02.11.2015 | Konzert/Liederabende

Coswig/ Villa Teresa: „ABSCHIEDSPARADIES – AUF SINNLICHEN PFADEN MIT MOZART UND BRAHMS“ – 1.11.2015

An einem sonnig-„goldenen“ Herbsttag zog der vielversprechende Titel viele Besucher in die Villa Teresa in Coswig bei Dresden, dem einstigen Wohnsitz von Eugen d’Albert und seiner Ehefrau, der damals weltberühmten venezolanischen Pianistin Teresa Carreno, während einer, nur wenige Jahre währenden, Ehe (1891-1895). Jetzt ist die Villa ein „Zentrum für Kammermusik & Literatur“, was mit dem musikalisch-literarischen Nachmittag „Abschiedsparadies“ – Auf sinnlichen Pfaden mit Mozart und Brahms“ unterstrichen wurde.

Fünf Musikerinnen und Musiker, führende Mitglieder der Dresdner Philharmonie, d. h. die beim Publikum überaus beliebte 1. Konzertmeisterin Heike Janicke, deren Name stets für Qualität bürgt, die ausgezeichnete Solobratschistin Christina Biwank, der Konzertmeister der 2. Violinen Markus Gundermann, Andreas Kuhlmann, u. a. auch Bratschist im Orchester der Wagner-Festspiele in Bayreuth, sowie der Solocellist Matthias Bräutigam widmeten sich dem „Quintett  g-Moll“ (KV 516) für zwei Violinen, zwei Violen und Violoncello von W. A. Mozart und dem „2. Streichquintett G-Dur“ (op. 111) von Johannes Brahms.

Als erfahrene Orchestermusiker und Kammermusikspieler waren sie gut aufeinander eingespielt, hörten aufeinander und stimmten sich in jeder Phase bestens ab. Sie haben das gleiche Klangideal und brachten die beiden Quintette in ihren Gemeinsamkeiten, aber auch mit der unterschiedlichen Mentalität der beiden Komponisten zu Gehör.

In Mozarts großartigem Streichquintett spürten sie den großen Spannungsbögen nach, die das gesamte Quintett umfassen, wurden der typischen Leichtigkeit und Klangschönheit, mit der Mozarts Musik schlechthin in Verbindungen gebracht wird, gerecht, drangen aber auch in die tieferen Regionen vor, von denen unerwartet immer wieder ernste Stimmungen, tiefe Trauer, Resignation, Melancholie, Leid, Vereinsamung und auch Todesahnung ausgehen.

Johannes Brahms galten Mozarts Streichquintette als „Muster formaler Vollkommenheit“. Er orientierte sein Streichquintett, mit dem er als 57jähriger sein Schaffen im Sommer 1890 für beendet ansah, an seinem Ideal Mozart. Zum Glück für die Nachwelt komponierte er danach trotzdem weiter.

Mozarts Quintett spielten die Musiker mit lebhafter, aber nicht vordergründiger Phrasierung sehr geschmeidig, mit lang ausgezogenem Bogenstrich. Bei Brahms kam die Herbheit und Schönheit seiner Komposition zum Ausdruck, standen Melodik und Temperament im Vordergrund. Sein Quintett wurde sehr dynamisch und lebhaft interpretiert. Es begann „stürmisch“, bis sich die „Wogen glätteten“ und sehr sanften, gefühlvollen Passagen wichen, aus denen sich erneut eine kraftvolle Klangfülle mit herzhaftem Bogenstrich emporschwang. Es war eine besonders schöne Wiedergabe des Quintetts, klangschön und temperamentvoll, mit gebändigter Vehemenz.

Heike Janicke gab als ausgebildete Solistin mit führender Stimme in dem guten Zusammenspiel den (sehr) guten Ton an und gab die Impulse für eine Interpretation voller Schwung und musikalischem Empfinden, die „ihre Mitstreiter“ wie selbstverständlich aufnahmen und kongenial mitbestritten.

Anders als der Titel vielleicht erwarten ließ, war der Nachmittag vor allem klangsinnlich.
Olaf Bär, der vielen Musikfreunden mit seinen großen Opernrollen und Liederabenden in Erinnerung sein dürfte, hat inzwischen seine Leidenschaft für das gesprochene Wort entdeckt. Aufgrund seiner musikalischen Ausbildung ist seine Sprache eine ideale Ergänzung zur Musik. Hier eilte ihm der Ruf als adäquater Erzähler der „Schönen Magelone“ von Brahms und in Prokofjews „Peter und der Wolf“ voraus.

Mit angenehmer Sprechstimme und ausgezeichneter Textverständlichkeit „streute“ er die sieben Episoden aus Peter Handkes “Don Juan (erzählt von ihm selbst)“ zwischen die einzelnen Sätze der Streichquintette, wobei es sich um eine Art „Anti“-Don Juan handelt, der am Ende seines Lebens, alt und abgeklärt, offenbar seine eigenen amourösen Abenteuer vergessen hat und sich als Schatten seiner selbst fernab allen Temperamentes und jeder Dramatik in zweifelhaften Fantasien, Beobachtungen, Schein und Trugbildern ergeht. Der pseudo-erotische Text wirkte etwas befremdlich im Vergleich zu dem hohen Niveau der Quintette von Mozart und Brahms, aber durch die gute Interpretation doch auch reizvoll und interessant als Gegenpol zur Lebensleere der modernen, übersättigten Welt und ein wenig provokant, um mit dem „ prickelnden“ Titel als zugkräftige Verlockung auf das Buch aufmerksam zu machen.

Ingrid Gerk

 

 

 

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