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COBURG/ Landestheater: PARSIFAL

15.06.2017 | Oper

Coburg, Landestheater: Wagner: Parsifal, Vorstellung am 13.Juni 2017

Szenenbild aus "Parsifal"
Roman Payer (Parsifal). Foto: Andrea Kremper/ Landestheater Coburg

Wenn eine kleine Bühne wie das Landestheater Coburg eine Monumentaloper wie Wagners Parsifal stemmt, darf man zu Recht gespannt sein, ob sich solch ein Haus nicht übernimmt.

Vorweg gesagt: absolut nicht. Den Coburgern ist eine Coup geglückt. Und wenn man genauer hinsieht, sogar großteils mit hauseigenem Sänger-Personal und nicht einem riesigen „Gast-Etat“.

JAKOB PETERS-MESSER führt eine klare, aber auch nicht aufregende Regie. mit bescheidenen, optisch nicht verwöhnenden,  bühnenbilnerischen Mitteln ( GUIDO PETZOLD).  Er kann der Langsamkeit und Schwere der beiden Gurnemanz-Akte nicht Neues oder Unerwartetes entgegenstellen. Weihevoll und manchmal apathisch wandelt der Herrenchor als „untot“ über die schmale Bühne. Die Symbole sind klar gesetzt. Aus der engen Personaldecke wird das inzwischen oft gesehene Konzept, dass Amfortas auch Klingsor ist. Ganz schlüssig wird das freilich nicht. Der junge Parsifal und die hier mütterliche Kundry werden dank ihrer Darsteller allerdings zu spannenden Figuren im Drama.

Mit ROMAN PAYER  hat Coburg einen jugendlichen Held in der Titelrolle des Parsifal, der alle Qualitäten einbringt. Eine schöne, noch weitgehend lyrisch- dunkel timbrierte Stimme, sichere Stimmtechnik, eine natürliches, intelligentes Spiel und Ausdrucks- und Gestaltungskraft. Mit sorgsamer, nicht übereilter Karriereplanung und dem steten Rückzug ins lyrische Fach wird man von ihm noch überregional hören. TÜNDE SZABOKI gibt sich der Kundry vollkommen hin. Mit Mut zur szenischen Zeichnung ihrer Stimmfarben singt sie auch die schwierig, kraftraubenden Stellen im zweiten Akt mühelos und mit stählernem Strahl. Ihr Kostüm (SVEN BINDSEIL) hilft ihr leider nur bedingt, zwischen Mutter und Geliebter, wie in dieser Inszenierung gefordert, souverän zu jonglieren.

Amfortas und Klingsor liegen in den Händen des aus dem italienischen Fach kommenden MICHAEL BACHTADZE. Stimmich souverän und klug einteilend singt er beide Partien mit Würde und Noblesse. Darstellerisch wäre in der Doppelrolle Luft nach oben. Als Gurnemanz hat man MICHEAEL LION sogar am Haus, einen dunkel- herben Bass mit guter Diktion, der den Erzähler als asketischen Einzelgänger zeichnet und der Rolle in jeder Situation gerecht wird. Auch FELIX RATHGEBER  als Titurel und 2. Gralsritter wartet mit einem angenehmen Bassbariton auf.

Knappen und Blumenmädchen sind weitgehend aus dem Ensemble besetzt und qualitativ -ohne Ausnahme – hochwertig. Nicht oft hört und sieht man so homogen, attraktiv  die Blumen (ANA CVETKOVIC-STOJNIC, JULIA DA RIO, ANNA GÜTTER, NADJA MERZYN, KORA PAVELIC und VERENA USEMANN) und den dazugehörigen Damenchor. Auch DIRK MESTMACHER als anstachelnder und DAVID ZIMMER  als beruhigender Knappe halten dieses Niveau. Bleiben noch TAE-KWON CHU  als 1. Gralsritter uud das wohlklingende Altsolo von KORA PAVELIC. Vokal darf man nicht genug die hervorragende Aussprache aller Aufführenden würdigen. Es ist hier hart und erfolgreich geprobt und gearbeitet worden.

Der Haus und Extra-Chor des Landestheaters verblüffen mit Disziplin und Klangeinheit. Intelligent werden die Himmelschöre verteilt, die Höhen teils eingespielt, teils live dazugeflochten.

LORENZO DA RIO  als Chorleiter gebührt hier besonderes Lob.

Und das Philharmonische Orchester zeigt sich von großer Seite. Blitzsauberes Blech, spannungsgeladene Pauken, bestens studierte Streicher und in Einzelleistungen starkes Holz lassen zwar besetzungsbedingt keine unendliche Breite aufkommen, dafür erlebt man pulsierendes Musizieren, kluge Akzentuierung und leidenschaftliche Hingabe. Der junge, sehr begabte ALEXANDER MERZYN  steht am Pult, kennt das Werk genau, und kommt von Akt zu Akt noch freier, nuancenreicher und impulsgebender in der Fluss der Wagnerschen Musik.

Die Aufführung in Coburg gezeigt, dass Großartiges auch mit wenig finanziellen Mitteln in der sogenannten „Provinz“ möglich ist. Oft wirken allerdings unterprobte Aufführungen viel größerer Häuser weit provinzieller.

Musikalisch hervorragend, szenisch solide, gelingt dem Landestheater Coburg ein denkwürdiger Parsifal, der jede Reise dorthin lohnt.

Christian Konz

 

 

 

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