Mit Christian Franz sprach Dirk Schauss im August 2022
Seit annähernd 25 Jahren steht der Tenor Christian Franz u.a. als Wagners Siegfried auf den Bühnen der Welt. Ob an der MET oder in Bayreuth, Christian Franz ist einer der zentralen Gestalter der schweren Wagner Helden. Unser Redakteur Dirk Schauß, der mit Christian Franz seit langer Zeit befreundet ist, nutzte die Gelegenheit, mit ihm über seine Karriere und sein Leben zu sprechen.
DS: Lieber Christian, im nächsten Jahr hast Du mit dem Siegfried „Silberhochzeit“. Dein Rollendebüt war 1998 in Kassel. Seit langer Zeit singst Du erfolgreich vor allem das schwere Wagner Fach. In dieser Zeit hat sich die Welt in allen Bereichen drastisch verändert, das sehen wir auch in der Opernwelt bestätigt.
Du hast in Regensburg begonnen, dann kam Wuppertal und schließlich Kassel, bevor es in die Welt hinausging. In Regensburg hast Du sehr vielfältiges Repertoire gesungen, z.B. Edgardo in Lucia, aber auch Laca in Jenufa und bereits Deinen ersten Verdi Otello.
Wenn Du auf Deinen Weg zurückschaust, was waren Meilensteine in Deiner Karriere?
Christian Franz. Foto: privat
CF: Ich denke nicht, dass die Welt sich verändert hat. Braucht sie auch nicht, ihr Wesen ist ohnehin Veränderung.
Ohne Veränderung ist Stillstand. Der Mensch, erst recht kürzlich in Erscheinung getreten, hat sich allerdings nicht wesentlich verändert.
Bei der Opernwelt ist es entsprechend: Mensch und Opernwelt stehen in gewisser Weise still- trotz allen Getöses. Wir geben uns den Anschein progressiv zu sein; aber, wenn wir ehrlich sind, kratzen wir an Äußerlichkeiten, an Begriffen: wir wollen Entwicklung im Großen, übersehen aber, dass sich das Große aus vielen Kleinen zusammensetzt.
Innerlich hat der Mensch sich nicht geändert. Unsere Reaktionen sind gleichgeblieben.
Nur technisch sind wir besser ausgerüstet: Kontakt mit anderen hat sich früher aufs Dorf beschränkt, jetzt kann man mit der ganzen Welt kommunizieren.
Das Dorf ist größer geworden, das ist alles. Bei Stammesfehden haben wir früher das nächste Dorf angezündet, jetzt schaffen wir das weltweit und in größeren Dimensionen.
Gandhi würde man heute als zynisch bezeichnen mit seiner Idee des gewaltlosen Widerstandes. Die heutigen „Friedensstifter“ drucken Geld, kurbeln Waffenproduktion und Waffenlieferungen an, erschaffen sich für ihre strategischen Ziele „Kriegshelden“, und glauben womöglich irgendwann selbst an ihre Rechtschaffenheit.
Und Jesus würde man für seine „Unverschämtheiten“ immer noch ans Kreuz nageln.
Kriegsberichterstattungen aus dem Ersten Weltkrieg sind deckungsgleich mit denen aus der Jetztzeit.
Wenn Du nach meinen Meilensteinen fragst, ist das schwierig zu beantworten.
Es gab zahlreiche Begegnungen mit Menschen, und mit deren und meinen Gedanken und Gefühlen. Und diese machen mich aus, als würde ich mehr als Beobachter und Erzähler des Erfahrenen durch die Welt gehen, und nicht als Christian in die Welt hinaus.
Wenn Du nach meinen ersten Schritten als Sänger fragst:
Als Anfänger konnte ich nicht gut leise singen. Ich konnte gesund und laut brüllen. Nuancen waren meine Sache nicht, das war mir schmerzhaft bewusst.
Ein Beitrag zu meinem ersten Meilenstein wäre vielleicht Verdis Otello, den ich in Regensburg als zweite Besetzung gesungen habe.
Mein Körper hat begonnen zu verstehen, was Herz und Kopf wollten: Gesang und Sprache, und den Beiden körperlich Ausdruck zu verleihen, das ist die Essenz des Sängerberufs.
Die Beschäftigung mit dem Wort ist nach meinem Eindruck deutlich zurück gegangen. Täusche ich mich da?
DS: Es gab immer schon nur eine kleine Gruppe von Sängern, die einem mehr geben konnte als eine schöne Stimme und/oder eine gute Darstellung. Auch bei den großen Künstlern. Natürlich gab es in der Zwischenzeit eine große Veränderung in der Tiefe der musikalischen Aussage. Meines Erachtens hat es damit zu tun, dass der ganze Opernbetrieb sich in eine Richtung entwickelte, bei welcher starke Sängerpersönlichkeiten unliebsam wurden. Persönlichkeiten, die polarisieren, Ecke und Kante haben. Das haben wir heute kaum mehr.
CF: Wie sollen sie sich auch entwickeln?
Die Leute sind heute musikalisch dermaßen gut ausgebildet. Sie lernen ihre Partien in Rekordzeit. Vermutlich waren die Musiker in der Breite noch nie so gut ausgebildet, wie heute.
Ich habe keinen Hochschulabschluss, habe kaum die theoretischen Fächer belegt. Daher lerne ich langsamer und mühsamer, Takt für Takt. Das zwingt mich darüber nachzudenken, warum Noten und Worte geschrieben sind, wie sie geschrieben sind:
Was da zu lesen ist, ist nur ein Skelett.
Fleisch und Nervenbahnen, die müssen von uns kommen.
Wenn man also so sagen wollte: der erste Meilenstein war die Entdeckung des Kleinen, des Unscheinbaren. Eine sinnerfüllte Achtelpause sagt unter Umständen mehr aus als das schönste hohe C; ein Komma, zum Leben erweckt, erschließt einem die Welt.
Der zweite Meilenstein: Mit dem damaligen Intendanten in Kassel, Michael Leinert, hatte ich einen echten Förderer an der Seite. Für zwei Jahre nahm er mir alle sonstigen Verpflichtungen im Haus ab, damit ich mich ausschließlich auf die vier Tenorpartien im Ring konzentrieren konnte. Ich musste also keine anderen Partien singen. Bewusst verzichtete ich in dieser Zeit auf Gastspiele. Insgesamt drei Jahre konzentrierte ich mich auf die Erarbeitung meiner Ring Partien.
DS: Welche Seltenheit. Mit Leinert hattest Du einen wissenden und verantwortungsvollen Intendanten, der wusste, dass ein Sänger Zeit, Geduld, Förderung und Entwicklung benötigt. Zudem war er mutig in seiner Entscheidung, Dich als Debütant mit diesen großen Aufgaben zu betrauen.
Heute haben wir am Theater zu viele Intendanten/Operndirektoren, die kaum Sach- oder Fachverstand haben, um einen Sänger oder einen Dirigenten zu beurteilen. Darunter leidet der ganze Betrieb.
CF: Das muss man genauer anschauen.
Heutzutage geht man mit Sonnenbrille, Gesichtsmaske und Kopfhörer durch die Welt, schaut dabei aufs Handy und tippt manisch irgendwelche Wichtigkeiten ein. Man scheint sich vor allem schützen zu wollen, was von außen kommt.
Und was von innen kommt, darüber legen wir vorsichtshalber einen Filter. Unsere Eigenart wird verborgen hinter einer momentan angesagten Korrektheit.
Gleichzeitig lechzt man nach „Input“: wir können Stille nicht mehr ertragen, es muss laut, überwürzt sein, weil wir es ansonsten nicht mehr wahrnehmen.
Mit einem Wort: unsere Sinne stumpfen ab. Wir verlernen zuzuhören, und zu sehen, was gerade wirklich passiert.
Der Mensch möchte durchaus stimuliert werden, nur eben aus sicherer Entfernung, aus zweiter Hand. Daher ist er empfänglich für das, was ihm als interessant, als erstrebenswert und richtig vorgegaukelt bzw. verkauft wird.
Der Betrieb leidet nicht. Im Gegenteil, der Betrieb funktioniert so gut wie noch nie. Er läuft aus sich selbst heraus, die Räder greifen ineinander. Das einzelne Rad braucht sich nur um sich selbst drehen, seinen Aufgabenbereich abarbeiten, das Ergebnis wird weitergereicht zum nächsten Rad.
Der Betrieb hat sich verselbstständigt, ist Industrie geworden, deren Hauptzweck es ist, über die Bühne gehen.
Wir leben- nicht nur am Theater- so, also ob DASS wichtig wäre, nicht WIE.
WIE wurde durch IRGENDWIE ersetzt.
WIE braucht Miteinander- nicht nebeneinanderher.
Über uns Sänger und Musiker haben wir bereits gesprochen. Wir rufen ab, was wir uns technisch brav angeeignet haben. Dann sind wir meistens zufrieden, kopieren uns selbst, zitieren Noten und Worte, anstatt sie mit neuem Leben zu erfüllen.
Heute singt jeder Sänger nahezu alles. Ich habe zwar ein recht breit gefächertes Repertoire, aber an Menge gering, weil ich mich immer sehr intensiv mit den einzelnen Stücken beschäftige. Wir haben eine Zeit, in der Gesangspartien teilweise grandios technisch bewältigt werden, aber, Entschuldigung, erfühlt und durchdacht sind diese Rollen oftmals nicht.
DS: Leinert war Dein Förderer. Hattest Du danach noch andere Menschen, die Dich gefördert haben?
CF: Danach nicht. Aber vorher war da Hanno Blaschke. Ein grandioser Gesangslehrer, mit dem ich oft, und aus meiner Sicht auch noch heute gar nicht zu Unrecht unterschiedlicher Meinung war, was haben wir diskutiert!
Er hat mich gesangstechnisch auf den Weg gebracht, zweifellos. Er hat gepflanzt, was mir manchmal erst Jahre später bewusst wurde: JETZT verstehe ich ihn! Das hat er gemeint!
Ansonsten war ich auf mich gestellt.
Nein, das stimmt nicht.
Johannes Wedekind und Reinhard Linden müssen noch genannt sein. Wunderbare musikalische Studienleiter in Kassel und Wuppertal. Mit beiden durfte ich wieder und wieder um die Partien ringen, sie haben mich auf Ungenauigkeiten aufmerksam gemacht, mir die Möglichkeit gegeben, die Partien immer und immer wieder komplett durchzusingen. Ich bin Johannes und Reinhard sehr dankbar.
DS: In Kassel hast Du Deinen ersten Ring gesungen und gleich alle vier Tenor Hauptrollen. War das nach Deiner langen Vorarbeit ein Gipfel, den Du erklommen hast?
CF: Da war kein Gipfel. Das Gefühl irgendetwas errungen zu haben, hatte ich auch nicht.
Nach der Vorstellung ist vor der Vorstellung.
Es gab allerdings absurde Reaktionen. Als der Siegfried mit mir in Kassel bloß angekündigt wurde, hatte ich viele Angebote von allen möglichen Theatern, dabei wusste man noch gar nicht, ob ich es kann.
Auch hatte ich ein Gespräch mit einer sehr bekannten Agentur, die interessiert an mir war. Das änderte sich schlagartig als ich meinte, dass ich den Siegfried wenig singen möchte, weil ich lange singen möchte, meine Stimme in Ruhe weiterentwickeln will. Und damit war das Interesse bei der Agentur schon weniger groß.
Wenn alles in Veränderung ist, kann man keinen Gipfel wahrnehmen, eher ein auf und ab und immer weiter.
Proben sind auch immer anders. Harry Kupfer sagte einmal zu mir: „Ich sehe, dass Du bei jeder Probe Details veränderst und nicht, weil Du es vergessen hast, sondern weil Du stets neue Farben findest, anders reagierst. Dabei bleibst Du immer an der Inszenierung dran.“
Ein Notentext verändert sich täglich, denn er ist immer abhängig von den Beteiligten, und so ergibt sich das Erzählte stets neu. Leider kommt bei manchen Kollegen, seien es Dirigenten, Regisseure oder Darsteller, diese Neugier abhanden. Auch beim Publikum.
Es ist doch wunderbar, eine Rolle immer wieder anders zu spielen und zu singen und zu erleben bzw. vorgelebt zu bekommen.
Adam Fischer, den ich heiß und innig liebe, ein großer Opern-Dirigent, den ich in Bayreuth kennenlernte. Er sagte damals zu mir: „Sie sind eine Herausforderung für jeden Dirigenten!“
Viele Dirigenten, auch sogenannte große Dirigenten, erachten und behandeln Sänger wie Klaviertasten, die sie anschlagen. Wenn man als Sänger mit einem Dirigenten über Ausdruck und Darstellung diskutieren möchte, dann wird das nicht immer gerne gesehen. Das liegt zu einem großen Teil daran, dass viele Dirigenten bei den szenischen Proben nicht dabei sind, was ein Unding ist. Wenn dann die Orchesterproben beginnen und sie so gar nicht zum Duktus des Bühnengeschehens passen, dann ist das sehr hinderlich.
Wagner: Das Rheingold, 13. Juni 2019 / Budapest Wagner Days © János Posztós, Müpa Budapest
DS: Welcher Dirigent war ähnlich wichtig für Dich? Du hast mit vielen gearbeitet: Abbado, Barenboim, Levine, Metha, Thielemann u.a.
CF: Jimmy. Es war ein unvergessliches Erlebnis, mit ihm zu musizieren.
Er: „Weißt Du, warum ich Dir so folge? Weil Du es so natürlich machst. Es ist echt. Leider ist es nicht Dein Stimmfach, aber was wärest Du für ein Sachs! Ich würde gerne einmal einen Hans Sachs haben, der so gestaltet und singt wie Du!“
Da bekomme ich jetzt noch Gänsehaut.
Mit Daniel Barenboim war es oft auch schön. Hätte ich einen Wunsch frei, würde ich gerne Winterreise mit ihm machen.
Wen ich jetzt nicht nenne, dann weil es mir gerade nicht einfällt.
Ganz wesentlich aber war Will Humburg. Er ist ein Dirigent, der eine viel größere Karriere machen müsste, ein solcher Orchester-Zauberer, hart an der Grenze zum Genie. Ganz fantastisch!
Sehr gerne denke ich auch an Roland Kluttig. Mit ihm habe ich Herodes gemacht. Es war faszinierend und verblüffend, wie gut er mit dem Orchester gearbeitet hat. Sensationell, was er aus dem Orchester herausholen konnte. Und eine Passage, die ich ums Verrecken nicht singen konnte, war kein Problem, wenn er sie dirigiert hat.
Und beide, Will und Roland, sind Vermittler zwischen Orchestergraben und Bühnengeschehen.
DS: Wer hat Dich künstlerisch beeinflusst auf Deinem Weg? Wer hat Spuren gelegt?
CF: Bei den Regisseuren denke ich an Friedrich Meyer-Oertel, der mein komisches Talent auf die Bühne brachte.
Und natürlich Otto Schenk!
Ich bin als Kind mit Schenk aufgewachsen, da ich ihn als Schauspieler oder mit Regiearbeiten oft im Fernsehen erlebte.
Besonders sein Otello Film mit Windgassen machte großen Eindruck auf mich. Jago war Norman Mittelman. Als kleiner Bub war ich von Jagos Traumerzählung fasziniert, und zwar vor allem deshalb, weil Windgassen auf jedes Wort, auf jede Nuance von Jago reagierte. Da dachte ich mir, dass ich das auch machen möchte.
Otto Schenk ist ein vielseitiger und herausragender Schauspieler, z.B. „Die Sternstunde des Josef Bieder“, das war höchste Darstellungskunst.
DS: Wie war die konkrete Zusammenarbeit mit Schenk?
CF: Ein Traum! Er war bei der letzten Wiederaufnahme seiner Ringinszenierung an der MET selbst anwesend. Ich weiß noch, als ich am Vorabend zur ersten Probe mir den Probenplan anschaute, musste ich schmunzeln, weil da auch jemand namens Schenk genannt war. Und ich dachte mir, ach, da heißt einer wie DER Schenk.
Ich hatte keine Ahnung, dass Otto Schenk höchstselbst bei den Proben anwesend sein würde. Und dann kam er tatsächlich zu den Proben.
Otti ist das personifizierte Theater, ein Weiser obendrein. Er ist permanent auf der Suche nach Wahrheit. Wie ein Seismograf spürt er jede kleinste Unechtheit in Körperhaltung und Sprachausdruck auf, bei seinen Darstellern ebenso wie bei sich selbst. Gnadenlos, aber auf liebevollste Weise, spielt er zwei Versionen vor:
-so hast Du‘s gemacht (als ertappter Darsteller lacht man Tränen)
-probiere es doch mal so (die Schuppen fallen einem von den Augen)
DS: Der Ring an der MET war sicherlich durch Levine und Schenk ein zentraler Höhepunkt in Deiner Karriere.
CF: Ja.
Mit Guth, Warner, Girard, Szemerédy & Parditka etc. ist und war es auch- fast- so toll.
Die Frage nach „moderner“ Regie stellt sich nicht.
Man kann, man MUSS aus verschiedensten Blickwinkeln betrachten und erzählen. Das ist nicht als Freibrief zu verstehen, dass jeder Stümper sich an diesen Werken vergreifen darf.
Man kennt das leider zu gut: ein Konzept wird wortreich angekündigt, zu sehen ist dann Laientheater, angereichert mit „großen“ Namen. Ein Konzept muss aus mehr bestehen als aus einem vagen Gedanken, dem sich dann das Werk unterzuordnen hat.
Wenn das Konzept diesen Test besteht, muss man ihm dienen, es umsetzen und es weiterentwickeln. Alle müssen daran arbeiten.
Viele Konzepte fallen dem Umstand zum Opfer, dass die einzelnen Abteilungen nicht verstehen, dass Oper ein Maximum an Zusammenarbeit erfordert.
Ein positives Beispiel dafür:
Sebastian Welker hat vor ungefähr 10 Jahren in Saarbrücken eine Parsifal-Produktion auf die Bühne gestellt, die absolut sensationell war. Innovativ, provokativ, visionär- und dabei jeder Note, jeder Silbe der Komposition gerecht werdend.
DS: Lass uns in die Zukunft schauen. Welche Partien wünschst Du Dir?
CF: Peter Grimes, Tiefland und Palestrina und vielleicht auch Hermann in Pique Dame. Gurrelieder natürlich.
Und Winterreise. Die hätte ich vergangenen März, zusammen mit Parsifal, in Japan machen dürfen- aber Ausländer bringen bekanntlich irgendwelche Viren ins Land…
DS: Ich denke auch an Mahlers „Lied von der Erde“.
CF: Lass mich in diesem Zusammenhang von einer Begebenheit erzählen, die mich sehr gerührt hat.
Mein erster Versuch mit dem „Lied von der Erde“ war in Hamburg, 1999, wenn ich nicht irre. Christoph Eschenbach am Pult. Der Mezzosopran wurde von Thomas Hampson gesungen.
Im ersten Lied war eine Stelle, vor der ich großen Respekt hatte. Man könnte es auch Panik nennen. Vor lauter hoffnungsloser Angst bin ich kurz vorher immer langsamer und langsamer geworden. Die meisten Dirigenten würden nun entweder nachgeben, und sich dem Schleppen des Sängers anschließen, oder groß und gestenreich kundtun: Du schleppst, Du bist falsch!
Eschenbach hingegen hat sich mir ein klein wenig zugeneigt, mich lieb und voller Mitgefühl angelächelt, und ist ganz bestimmt bei seinem, dem richtigen Tempo geblieben. Und so war es plötzlich vorbei, ohne dass ich mir den Hals gebrochen hatte.
Wenn ich noch einen Wunsch freihätte… den Ring mit ihm zu machen, also alle vier Opern.
DS: Und dann wartet der Tannhäuser unbedingt noch auf Dich!
CF: Mit dem beschäftige ich mich, seit ich denken kann.
DS: Na, siehst Du! Du bist Tannhäuser!
CF: Kann schon sein, aber zum Glück habe ich nicht das Gefühl, der Welt diesen Heinrich schuldig zu sein.
Der Erste Aufzug ist das Problem. Für die mir hoch liegende Tessitura habe ich noch keine Lösung gefunden. Auch verstehe ich die Rolle noch nicht so recht.
Aber darüber zu reden, sprengt den Rahmen.
Zu den drei „P’s“, also Peter, Pedro und Palestrina aber, so scheint mir, hätte ich tatsächlich etwas beizutragen. Es gibt da viel zwischen den Zeilen zu entdecken.
DS: Lieber Christian, dann wünsche ich Dir sehr, dass Deine Wünsche in Erfüllung gehen! Ich danke Dir sehr herzlich für dieses wunderbare Gespräch.