Chemnitz: „Hochzeit mit Hindernissen“ – Musical von Lisa Lambert und Greg Morrison. 24. 9.2017
Mit Hindernissen darstellerischer oder inszenatorischer Art hatte diese Aufführung keineswegs zu kämpfen. Und dank dieser Feststellung dürfte auch der durchschlagende Erfolg (2. Vorstellung) des Musicals aus der Feder von Lisa Lambert und Greg Morrison (Musik) und Bob Martin sowie Don McKellar (Buch) zu begründen sein. Alles dreht sich um diverse Intrigen, die die Hochzeit des Broadwaystars Janet van de Graaff mit dem Ölmagnatensprössling Robert Martin verhindern möchten. Selbst die in die Musicalproduktion involvierte Mafia ist da zugange. Ein dümmlicher Möchtegern-Casanova vernascht die falsche Braut, eben jene dem Original den Titel gebende „beschwipste Anstandsdame“, bevor die gleichfalls nicht vor Intelligenz strotzende, bislang in der zweiten Reihe befindliche Kitty dem Impresario mit einem allerdings gerissenen Einfall die Show und dem Paar die Hochzeit rettet. Zusammengehalten wird das Ganze von der Figur des Mannes im Sessel, dem Erzähler, ein Part, der die einzelnen Nummern mit Zwischeninformationen verbindet und somit manches Knirschen im dramaturgischen Gebälk des Werkes nonchalant und charmant übertüncht. In dieser Aufgabe brillierte der Komödiant Ralph Morgenstern auf unnachahmliche Weise, überzeugte mit feinem, niemals aufgesetzten Humor, gelassener Selbstironie und menschlich anrührenden Tönen. Seiner Behauptung, das Musical solle „in eine andere Welt versetzen“, möchte ich nicht widersprechen. Freilich bedeutet dies nur die halbe Miete. Mit der von ihm avisierten, sich in den Kopf setzenden kleinen Melodie hapert es hingegen. Dergleichen hat mich nicht auf dem Heimweg begleitet. Immerhin zehren die jeweiligen Titel von einem umwerfenden Rhythmus, der nicht nur allen Beteiligten in die Beine ging, sondern auch das schon etwas reifere Publikum zu stürmischem Beifall animierte. Eine blendende Vorgabe für das Drowsy Jazz Orchestra unter der furiosen Leitung Jakob Brenners, dessen musikantische Verve den zwanziger und dreißiger Jahren des verflossenen Jahrhunderts zu fröhlicher Urständ verhalf.
Dieses vorrangig dem Rhythmus verpflichtete Klangbild rollte dem im Metier versierten Choreographen Danny Costello quasi den gewünschten roten Teppich aus, auf dem er dem tanzfreudigen Ensemble Überdurchschnittliches abverlangte. Ins „Stolpern“ (so eine der Nummern des Stückes) geriet hier niemand, ob man sich nun beim Steptanz oder Rollschuhlaufen beweisen musste. Als Dritter im Bunde der für den Erfolg der Aufführung Verantwortlichen erwies sich der Regisseur Stefan Huber, dessen Chemnitzer „Funny Girl“-Inszenierung mir noch in dankbarer Erinnerung geblieben ist. Der erfahrene Theatermann orientierte auf ungebremstes Tempo, präsentierte eine Revue aus sich locker aneinander reihenden Nummern, wobei die sich vorrangig aus Absolventen diverser Musicalakademien rekrutierenden Mitwirkenden lustvoll einander die Bälle zuspielten. Hier Einzelleistungen hervorzuheben, hieße den Ungenannten Unrecht zuzufügen.
Karel Spanhak hatte ein Bühnenbild entworfen, dessen Zentrum ein überdimensionales Rundfunkgerät von anno dunnemals dominierte, das den einzelnen Handlungssträngen bestens assistierte. Die dem zeitlich vorgegebenen Rahmen gleichfalls hervorragend bedienenden Kostüme entwarf Heike Seidler. Weiteren erfolgreichen Aufführungen dürften sich kaum Hindernisse in den Weg stellen.
Joachim Weise