CD WOLFGANG AMADEUS MOZART: REQUIEM in d-Moll mit Werkeinführung, VESPERAE SOLENNES DE CONFESSORE, Chor des Bayerischen Rundfunks, Akademie für Alte Musik Berlin; BR Klassik
Neue vervollständigte Fassung von Howard Arman
Aus musikalischen, liturgischen und chronologischen Gründen erklingen zu Beginn der vorliegenden CD Mozarts „Vesperae de confessore“, KV 339 von 1780. Die Psalmen und das Magnificat der „Vesperae“ werden liturgisch von Antiphonen eingerahmt, die der Festtags-Vesper De Confessore Pontifici (zu Ehren eines bekennenden Bischofs) angehören. Den vom Kantor vorgetragenen Antiphonen folgen Orgelintonationen, die der künstlerische Leiter des Projekts Howard Arman speziell für dieses Projekt geschaffen hat. Der Kantor stimmt die Antiphonen zunächst in verkürzter Form an. Nach den Mozart Sätzen erklingen sie in ihrer vollständigen Gestalt. Auf das „Requiem“, KV 626 von 1791 folgt Sigismund von Neukomms „Libera me, Domine“ als Responsorium aus der Liturgie der Exequien, welches Neukomm 1821 als liturgische Komplettierung von Mozarts Requiem komponiert hatte.
Das ist aber nicht alles, was diese Box mit der Live-Aufnahme des „Requiems“ bietet. CD 2 enthält die mit „Wege zur Musik“ betitelte Werkeinführung von Markus Vanhoefer. In 73 kurzweiligen Minuten werden in drei Teilen „Tod und Verklärung“, „Lückenfüller“ und „Mythos und Manuskript“ historische Details zur Entstehung und zur Musik in Hörbuchform als auch O-Ton Passagen mit Howard Arman präsentiert. Christian Baumann ist ein die Aufmerksamkeit fesselnder Erzähler. Hans Jürgen Stockerl ist Zitator, Burchard Dabinius schlüpft in die Figur von Mozart, Franzisca Ball darf Constanze schauspielern und Katja Schild als seine am Totenbett anwesende Schwägerin Sophie Haibel, geb. Weber, fungieren. Sie bezeugt, dass Mozarts letzte Gedanken dem Requiem galten.
Bei den musikalischen Beispielen wird hier allerdings nicht auf die Produktion der ersten CD zurückgegriffen, sondern auf eine Aufnahme ebenfalls mit Landshamer (Sopran) und Prégardien (Tenor), allerdings mit Anke Vondung (Mezzo) und Konstantin Wolf (Bass). Es singen der Chor des Bayerischen Rundfunks, die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen wird geleitet von Peter Dijkstra.
Die Aufnahme der Haupt-CD hingegen stützt sich neben dem schon zum Reich der Mythen zählenden, volltönenden Chor des Bayerischen Rundfunks (garantiert keine anämischen Klänge á la falsch verstandener Originalklangideologie) auf die klar nüchtern aufspielende Akademie für Alte Musik Berlin unter dem Dirigenten Howard Armin. Das Solistenquartett Christina Landshamer, Sophie Harmsen, Julian Prégradien und Tareq Nazmi, Nikolaus Pfannkuch als Kantor und Raphael Alpermann an der Orgel sorgen für ein musikalisch überwältigendes gleichwie deftiges Erlebnis, dessen spirituell religiöse Dimension hier aber ebenfalls zu ihrem vollen Recht kommt.
In einem Aufsatz im Booklet erklärt Howard Armin Details zu seiner dem Prinzip „Sowenig Vermutungen wie möglich“ folgenden Fassung des Requiems – so übernimmt Howard als alternativlos alle Teile Franz Xaver Süßmayrs 1 zu 1 – erläutert die spezifische Instrumentierung und die extremen künstlerischen Dimensionen der Edition.
Das Album enthält das Programm eines Konzerts „In Memoriam Mariss Jansons“; es wurde live am 25. Januar 2020 im Herkulessaal der Münchner Residenz mitgeschnitten.
Dr. Ingobert Waltenberger