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CD WOLFGANG AMADEUS MOZART: DIE VIOLINKONZERTE Nr. 1-5 in zwei neuen Einspielungen

25.09.2020 | cd

CD WOLFGANG AMADEUS MOZART: DIE VIOLINKONZERTE Nr. 1-5 in zwei neuen Einspielungen

„Du weißt selbst nicht, wie gut du Violin spielst, wenn du nur dir Ehre geben und mit Figur, Herzhaftigkeit und Geist spielen willst, ja so, als wärest du der erste Violinspieler in Europa … O wie manchmal wirst du einen Violinspieler, der hochgeschätzt wird, hören, mit dem du Mitleiden haben wirst!“ Leopold Mozart

  1. Christoph KONCZ und Les Musiciens du Louvre; SONY
  1. Baiba SKRIDE und das Swedish Chamber Orchestra unter der musikalischen Leitung von Eivind Aadland; ORFEO

Die fünf Violinkonzerte hat Mozart in den Jahren 1773 und 1775 für sich selbst als Geiger während seiner Tätigkeit als ‚besoldeter‘ Kapellmeister der Salzburger Hofkapelle geschrieben. Das erste Konzert in B-Dur des Siebzehnjährigen wurde nach seiner dritten Italienreise fertig. Einflüsse von Giuseppe Tartini bzw. generell des italienischen Barock hindern nicht, dass Mozart von Instrumentation und Melodieführung her einen eigenständigen Weg beschritt. Das verträumt sanfte Fabulieren im Adagio spricht davon ebenso Bände wie das temperamentvolle Presto. Die letzten Konzerte stehen eher in einer französischen Tradition. Auf jeden Fall hatte Mozart die Geige, die den Aufnahmen von Christoph Koncz zugrundeliegen, bei seiner Reise, die ihn 1777/78 über Augsburg und Mannheim nach Paris führte, im Gepäck und er hat auch seine dortigen Konzerte darauf gespielt.

Christoph Koncz wurde im Alter von nur zwanzig Jahren Vorgeiger der 2. Violinen im Orchester der Wiener Staatsoper, seit 2011 gehört er dem Edelklangkörper der Wiener Philharmoniker an. International bekannt wurde Christoph Koncz als Neunjähriger mit der Rolle als Wunderkind Kaspar Weiss im kanadischen Film „The Red Violin“. Die Filmmusik ist sprichwörtlich oscarreif. Mit seinem Bruder Stephan Koncz, einem Cellisten und Mitglied der Berliner Philharmoniker, verbindet ihn auch eine künstlerische Partnerschaft. Seine Einspielung der Mozartischen Violinkonzerte ist epochal und darf wohl als eine  neue Referenzaufnahme betitelt werden.

Zum ersten Mal ist eine Neueinspielung von Mozarts fünf Violinkonzerten auf Mozarts eigener Geige verfügbar. Christoph Koncz konnte glücklicherweise auf dieses fantastisch dunkel und warm tönende Instrument zurückgreifen. Die Geige gehört seit 1956 der Internationalen Stiftung Mozarteum. Sie befindet sich weitgehend im Originalzustand. Für Koncz war es „sehr ergreifend und inspirierend“, sie 2012 zum ersten Mal spielen zu dürfen. Wie Mozart dirigiert er die Violinkonzerte von der Geige aus (Anm.: Seit der Saison 2019/20 ist Koncz Chefdirigent der Deutschen Kammerakademie Neuss). Er verwendet die damalige Besetzung und Stimmung und folgt der historischen Aufführungspraxis samt eigenen Kadenzen. Die zentrale Botschaft dieser Einspielung ist für den Solisten „der Klang der Geige“. Mit dem französischen Originalklangensemble Les Musiciens du Louvre, dessen erster Gastdirigent Herr Koncz ist, steht ihm ein spielfreudiges, hochenergetisches Orchester zur Verfügung, das seine Vorstellungen und die spezifischen klanglichen Valeurs mit Begeisterung aufgreift.

Und wirklich, der sonor individuelle Klang der Geige ist das unverwechselbare Atout der Aufnahme. Nicht  nur für Christoph Koncz ist es ein „Erweckungserlebnis“ sondern auch für den Hörer der CD. Mit der dunkel samtigen Tiefe korreliert eine glockenhelle, altsilbern schimmernde Höhe. Die Verzierungen folgen leichtgängig  federnd, Koncz wirft sie voller élegance in die Waagschale.

Les Musiciens du Louvre spielen detailversessen und schärfen die dynamischen und artikulatorischen Kontraste, die Koncz – ganz einer Wiener Musiktradition folgend – als Wiener Philharmoniker internalisiert hat. Grandios.

Die Lettin Baiba Skride ist eine technisch begnadete Geigerin, die die virtuosen und kantablen Charmeoffensiven des Salzburger Komponisten mit ebensolcher Verve, unglaublicher Präzision und 100%iger Leidenschaft zu vermitteln weiß. Im direkten Vergleich steht die große Ausdruckskünstlerin, der ich jeden Respekt zolle, Koncz nicht in ihrer bestrickenden Spontaneität, sodnern in Sachen musikalischem Feintuning sowie klanglicher Finesse und Individualität in der Phrasierung jedoch ein wenig nach. Das Swedish Chamber Orchestra hat seinen Mozart drauf, klingt jedoch pauschaler und weniger in partnerschaftlicher Konkurrenz als bei unseren französischen Freunden. 

Die Skride-Aufnahmen haben dafür in Sachen Vollständigkeit die Nase vorne, komponierte Mozart doch zusätzlich zu den fünf Konzerten drei Einzelsätze für Violine und Orchester (Adagio KV 261, Rondos KV 269 und KV 373), die Baiba Skride beispielhaft aufgenommen hat. Der Klang bei Skride/den Schweden ist in Sachen räumlicher Tiefenstaffelung ein Quäntchen besser. 

Hinweis: Christoph Koncz spielt die beiden letzten Mozart Violin-Konzerte am Sonntag, 18. Oktober 2020 , 11:00 Uhr in der Kölner Philharmonie und zuvor am 9. Oktober im Mozarteum Salzburg. 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

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