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CD: Wolfgang A. Mozart: Complete Works with Clarinet Vol.1 Nicolas Baldeyrou, Klarinette Alpha Classics, ALPHA1040

21.03.2025 | cd

CD: Wolfgang A. Mozart: Complete Works with Clarinet Vol.1 Nicolas Baldeyrou, Klarinette Alpha Classics, ALPHA1040

Mozarts Klarinettenwelten – historisch informiert, klanglich erfrischend

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Mozarts Bläsermusik auf historischen Instrumenten zu erleben, ist immer ein spannendes Unterfangen, denn die Transparenz und Wärme der alten Instrumente lassen die feinen Schichtungen seiner Partituren oft noch deutlicher hervortreten als moderne Blasinstrumente es vermögen. In dieser Einspielung widmet sich der Klarinettist Nicolas Baldeyrou gemeinsam mit seinen Bläserkollegen drei zentralen Werken Mozarts: den Serenaden in Es-Dur KV 375 und c-Moll KV 388 sowie der groß angelegten Gran Partita KV 361. Was diese Aufnahme auszeichnet, ist nicht nur die Verwendung historischer Instrumente, sondern eine Musizierhaltung, die in jedem Moment atmend, geschmeidig und organisch bleibt. Die Klarheit der Struktur, die Leichtigkeit der Artikulation und die intensive klangliche Durchdringung jedes einzelnen Satzes verleihen der Interpretation eine Frische, die sofort fasziniert.

Die Serenade KV 375 entstand zu einer Zeit, in der Mozart begonnen hatte, das Bläserensemble als eigenständige Gattung zu betrachten und nicht mehr nur als Hintergrundmusik für gesellschaftliche Anlässe. Ursprünglich für sechs Instrumente komponiert, wurde sie später um zwei Klarinetten erweitert, wodurch sich das Klangbild entscheidend veränderte. In dieser Einspielung tritt gerade die warme, dunkle Färbung der historischen Klarinetten in den Vordergrund und sorgt für ein ausgewogenes Timbre, das die Struktur des Werks noch klarer hervortreten lässt. Die melodischen Linien fließen geschmeidig, das Menuett besitzt genau jene tänzerische Anmut, die es braucht, ohne je ins Triviale zu kippen, und das Finale sprüht vor Eleganz und Leichtigkeit.

Die Serenade KV 388, oft auch als „Nacht Musique“ bezeichnet, schlägt im Vergleich zu KV 375 einen ganz anderen Ton an. Hier begegnet einem eine fast sinfonische Dichte, ein musikalischer Ernst, der sich schon in der düsteren Grundtonart c-Moll andeutet. Die Interpretation von Baldeyrou und seinen Mitstreitern betont diesen Kontrast mit großem Fingerspitzengefühl. Im ersten Satz ist die Spannung zwischen Licht und Schatten zu spüren, zwischen drängenden Läufen und plötzlich aufklaffenden Pausen, die das Drängende der Musik noch verstärken. Das Andante hingegen entfaltet eine sehnsüchtige Kantilene, getragen von den geschmeidigen Linien der Klarinetten und Oboen, während das kontrapunktisch dichte Menuett eine barocke Strenge aufweist. Hier zeigt sich besonders, mit welcher Sorgfalt und Präzision die Stimmen gegeneinander geführt werden, ohne dass der Gesamtfluss ins Stocken gerät.

Die Gran Partita KV 361 schließlich ist das wohl berühmteste und zugleich anspruchsvollste der drei Werke. Schon ihre Dimension – dreizehn Bläser und ein Kontrabass, sieben Sätze – sprengt die übliche Form der Serenade und bewegt sich in sinfonischen Dimensionen. Der einleitende langsame Satz besitzt unter Baldeyrous Leitung eine majestätische Ruhe, die sich mit feinen Phrasierungen und eleganten Bögen aufbaut. Besonders bemerkenswert ist die Gestaltung des berühmten Adagios, jenes Satzes, der durch Milos Formans Film „Amadeus“ eine mythische Aura erhalten hat. Hier wird nicht auf Sentimentalität gesetzt, sondern auf eine ruhige, atmende Linienführung, die den Satz in seiner ganzen fragilen Schönheit leuchten lässt. Das Scherzo wirkt federnd, mit einer geradezu kammermusikalischen Präzision, die in jedem Detail die hohe Schule des Zusammenspiels erkennen lässt. Besonders faszinierend sind die Variationen des sechsten Satzes, in denen sich die Musiker immer wieder in neuen Klangfarben und Artikulationsnuancen erproben und zeigen, wie weit Mozarts Einfallsreichtum hier reicht.

Was die klangliche Umsetzung betrifft, so ist diese Aufnahme ein Musterbeispiel für Transparenz und Natürlichkeit. Der direkte, aber nie trockene Klang der historischen Instrumente verleiht dem Ensemble eine intime Qualität, bei der jede Stimme genau verfolgt werden kann. Die Balance zwischen den Bläsergruppen ist gelungen austariert, sodass weder die Hörner dominieren noch die Klarinetten sich zu sehr in den Vordergrund drängen. Besonders in der Gran Partita wird deutlich, wie sorgfältig die Artikulation und Dynamik aufeinander abgestimmt sind, um den großen Spannungsbogen des Werks zu wahren.

Am Ende bleibt der Eindruck einer Interpretation, die sich voll und ganz der Eleganz und Meisterschaft dieser Werke verschrieben hat. Nicolas Baldeyrou und seine Kollegen musizieren mit einer Leichtigkeit und Klarheit, die nicht auf Effekte setzt, sondern auf Substanz. Die Kombination aus historischer Spielweise und moderner interpretatorischer Durchdringung macht diese Einspielung zu einem Erlebnis, das sowohl Kenner als auch neue Zuhörer begeistern dürfte.

Dirk Schauß, im März 2025

Wolfgang A. Mozart

Complete Works with Clarinet Vol.1

Nicolas Baldeyrou, Klarinette

Alpha Classics, ALPHA1040

 

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