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CD: Wenig konkurrenzfähig – Enttäuschende Neuaufnahmen von Elektra, Salome und Lucie de Lammermoor

30.04.2025 | cd

Wenig konkurrenzfähig – Enttäuschende Neuaufnahmen von Elektra, Salome und Lucie de Lammermoor

1)    Richard Strauss: SALOME – MALIN BYSTRÖM, JOHAN REUTER; KATARINA DALAYMAN, GERHARD SIEGEL, Bergen Philharmonic Orchestra unter Edward Gardner; Chandos

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Dieser Live-Mitschnitt vom Edinburgh International Festival vom August 2022 steht, was die Interpretin der Titelpartie anlangt, in direkter Konkurrenz zur 2017 in der Dutch National Opera aufgenommenen Salome. Nur standen damals eben das unvergleichlich bessere Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam und der nicht nur von mir überaus geschätzte Dirigent Daniel Gatti zur Verfügung. Auch Evgeny Nikitin als Jochanaan, Doris Soffel als Herodias und Lance Ryan als Herodes sind den Protagonisten der nun publizierten, insgesamt tauglich, aber wenig aufregend, dafür in den Höhepunkten grob musizierten, kaum auf orchestrale Details achtenden Aufnahme überlegen.

Ein weiteres b-Moll betrifft die pauschale Aufnahmetechnik des vorliegenden Live-Mitschnitts aus Schottland. Zu orchester-lastig hat die Position der Mikros die Stimmen ungleich nach ihrem jeweiligen Standort festgehalten, sodass etwa Jochanaan aus der Zisterne weniger präsent, oftmals stumpf klingt. Wer also eine Salome mit der großartigen schwedischen jugendlich dramatischen Sopranistin Malin Byström in der Hauptrolle haben will, der greife zum musikalisch in jeglicher Hinsicht eindringlicheren und, was die Klangqualität, insbesondere Räumlichkeit, Detailgenauigkeit und Tiefenstaffelung anlangt, überlegenen Live-Mitschnitt aus Amsterdam.

2)    Richard Strauss: ELEKTRA – BARBARA KRIEGER, SANJA ANASTASIA, JOCHEN KUPFER; SOTIRIS CHARALAMPOUS, ASTRID WEBER; Orchestre Experience, Julien Salemkour; Solo Musica

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Bei dieser Aufnahme liegt das Hauptproblem in der getrennten Aufnahme von Orchester und Stimmen. Die Orchesterstimmen wurden während der Corona-Pandemie vom 29.3. bis 1.4.2021 in Prag aufgenommen, während die Stimmen zum Tape in Berlin im Dezember 2023 und Jänner 2024 eingespielt wurden. Und genau das merkt man. Da fehlt es an den letzten dramatischen Hitzegraden, an einer geschlossenen Spannungskurve, zudem finden die Sängerinnen und Sänger sowie das aus Musikern verschiedener Orchester aus der Tschechischen Republik zusammengewürfelte Orchestre Experience nicht immer zu 100%, mangels im Moment des Musizierens verschmelzen könnend, zusammen. Während Barbara Krieger als Elektra und Sanja Anastasia als Klytämnestra durchaus ansprechende Leistungen bieten, bildet die Chrysothemis der Astrid Weber mit extrem scharfen Höhen und einem unangenehmen Vibrato das Schlusslicht aller Rollenvertreterinnen, die ich in den letzten 50 Jahren live gehört habe.

3)    Gaetano Donizetti: LUCIE DE LAMMERMOOR – Live Mitschnitt vom Donizetti Opera Festival im Teatro Sociale Bergamo vom 1.12.2023, CATERINA SALA, PATRICK KABONGO, VITO PRIANTE, ROBERT LORENZI, Coro dell’Accademia Teatro alla Scala, Orchestra gli Originali unter Pierre Dumoussaud; Naxos

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Bei dieser sängerisch – freundlich gewertet – durchschnittlichen Aufnahme, die als bloßes akustisches Dokument oder auch als DVD/Blu-ray erhältlich ist, liegt es vor allem an der knallig-grobkörnigen, jegliches Gespür für die Raffinessen des Belcantos vermissenlassenden musikalischen Leitung, die mir das Hören verleidet. Wer sich für eine französische Fassung dieser Oper interessiert, ist mit der von Evelino Pidò eindringlich dramatisch dirigierten Aufnahme mit Nathalie Dessay (Lucie), Roberto Alagna (Edgard Ravenswood) und Ludovic Tézier (Henri Ashton), erschienen bei EMI/Warner, zudem vokal in jeglicher Hinsicht besser bedient. In der 2002 erschienenen Filmversion ist neben Alagna und Tézier Patricia Ciofi als Lucie zu hören.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

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