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CD WALTER BRAUNFELS: Werke für Orchester Vol. 4; Dutton Epoch

26.09.2019 | cd

CD WALTER BRAUNFELS: Werke für Orchester Vol. 4; Dutton Epoch

Im vierten und letzten  Album dieser äußerst verdienstvollen Edition der Erschließung des Werks des Frankfurter Komponisten Walter Braunfels auf Tonträgern hören wir als Weltpremiere die Suite in e-Moll für großes Orchester, Op. 48, zudem die Hebridentänze Op. 70 (ein Divertimento nach schottischen Tänzen für Klavier und Orchester), und die Sinfonia Concertante für Solo-Violine, Solo-Viola, zwei Hörner und Streichorchester, Op. 68.

Das BBC Concert Orchestra unter der kundigen Leitung von Johannes Wildner (selbst Geiger und einst Mitglied der Wiener Philharmoniker), Piers Lane (Klavier), Ernst Kovacic (Violine), Thomas Selditz (Viola) werfen sich voll ins Zeug für diese aus späteren Schaffensphasen stammenden Werke des unterschätzten Komponisten und langjährigen Direktors und Präsidenten der Kölner Musikhochschule Braunfels.

Zog die 2000 wiederentdeckte Orchestersuite in e-Moll, immerhin von Hermann Scherchen aus der Taufe gehoben, nach der Uraufführung zum Teil ätzende Urteile nach sich (Die Schweizerische Musikzeitung berichtete von einem „etwas gequält konstruierten Präludium, einer Mischung von Busoni und Walhall, einer süßlichen Sarabande und einem schwülstig und redselig sich gebärdenden Capriccio“), so darf sich der heutige Hörer am originell ausstaffierten spätromantischen Gestus des fünfsätzigen Reigens erfreuen. Einfallsreich im ausgetüftelten Transfer barocker Vorbilder (Bachs a-Moll Fantasie BWV 904), kühn in der komplexen Anverwandlung von Tanzformen, wie Courante, Sarabande oder Marsch, Kontrapunkt und antiphoner Schreibweise, spiegelt die Suite das gängige Kompendium an Kompositionsmoden der 30-Jahre wider. Von launisch übermütig bis ein wenig sperrig konstruiert geben sich alle Vorzüge und Ecken dieser Musik ihr schräges Stelldichein.

Die Sinfonia Concertante, eigentlich ein Concerto Grosso, 1949 in Hamburg von Eugen Jochum erstmals aufgeführt, darf als Musterbeispiel Braunfels’scher Komponierkunst gelten. Zum Scherzo hält Jürgen Schaarwächter fest: „Auch hier erfahren die Stimmungen ständig Brechungen, Totentanz-Elemente stehen neben virtuosen Passagen und solchen, wo sich Braunfels über Mahler lustig zu machen scheint; wie in manchen Reger-Scherzi ist der Kontrast zu dem lyrisch-zart beginnenden, sich aber ins Facettiert-Tänzerische auflösenden kurzen Trio-Abschnitt denkbar krass.“

Braunfels dürfte die Hebridentänze für den Pianisten Michael Braunfels, also seinen Sohn, geschrieben haben. Die 15 freien Variationen über zwei schottische Originalthemen, 1952 in Karlsruhe uraufgeführt, stellen die letzte Orchesterkomposition des 1954 in Köln verstorbenen Walter Braunfels dar. Ein abgeklärtes Alterswerk im heiteren Ton.

Wichtig wäre, dass Braunfels nicht nur auf Tonträgern, sondern zumindest ebenso in der Programmierung der großen Konzertinstitutionen weltweit wieder einen angestammten Platz findet. Möge die vorliegende CD dafür einen weiteren Meilenstein bilden. Wir wollen doch soundso nicht immer ewig nur Bruckner, R. Strauss, Mahler oder Shostakovich hören.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

 

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