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CD W. A. MOZART: KRÖNUNGSMESSE, VESPERAE SOLENNES DE DOMINICA, Chor des Bayerischen Rundfunks, Akademie für Alte Musik Berlin; BR Klassik

08.01.2023 | cd

CD W. A. MOZART: KRÖNUNGSMESSE, VESPERAE SOLENNES DE DOMINICA, Chor des Bayerischen Rundfunks, Akademie für Alte Musik Berlin; BR Klassik

Purer Seelenbalsam zur Ehre Gottes: Im Glück fliegen!

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In Wien haben die kirchlichen Aufführungen von Messen der Wiener Klassik am Sonntag eine besondere Tradition. Seien es die Wiener Hofmusikkapelle, die Augustinerkirche oder der Stephansdom, überall wurden bzw. werden noch die Gottesdienste mit den schönsten Messen Haydns, Beethovens, Mozarts oder Schuberts gestaltet. Junge gedrillte Chorspunde wie ich damals einer war, egal ob aus dem Singverein, der Singakademie oder dem Arnold Schoenberg Chor wussten in den 70-er und 80-er Jahren stets, wo man als Substitut ein paar Schillinge dazuverdienen kann. Manchmal war auch ein kleines Solo drinnen. Heute gehören diese beinahe improvisierten, knapp geprobten Messen, aber auch die Konzerte mit Beethovens Missa Solemnis, die Oratorien, die Passionen und Requiem-Aufführungen zu meinen schönsten Chorerinnerungen.

Natürlich sind all diese Messen unabhängig von der sakralen Funktion längst in vielen Konzertprogrammen vertreten. Zu den Höhepunkten von Mozarts kirchenmusikalischem Schaffen gehört zweifelsohne die Krönungsmesse in C-Dur für Soli, Chor und Orchester, KV 317. Von Salieri bei den Krönungsfeierlichkeiten der Kaiser Joseph II, Leopold II und Franz II. gleichermaßen aufs Programm gesetzt, strotzt die von Mozart 1779 für den Ostergottesdienst im Salzburger Dom komponierte Messe nur so vor feierlichen Jubelklängen, zu denen neben den Streichern auch Oboen, Trompeten Hörner und Pauken ihr Scherflein beitragen. Aber auch die Welt der Oper hat ihre Spuren hinterlassen. Wie Alexander Heinzel im Booklet erläutert, gibt es Ähnlichkeiten der beiden großen Partien für Solosopran mit der Arie der Fiordiligi ‚Come scoglio‘ aus der Oper „Cosí fan tutte“ sowie mit der Arie der Gräfin ‚Dove sono‘ aus „Le nozze di Figaro.“

Allzu lange durfte die Messe dem reformatorischen Zeitgeist entsprechend nicht in Anspruch nehmen. Mozart selbst berichtet, dass Kyrie, Gloria, Credo, der nach der Epistellesung erklingenden Sonata all’Epistola für Orchester mit obligater Orgel in C-Dur (KV 329), mit Offertorium oder Motette, Sanctus und Agnus Dei höchstens eine Dreiviertelstunde dauern durften, vor allem dann, wenn der Fürsterzbischof Colloredo selbst die Messe zelebrierte. Da die Musik der Messe selbst „nur“ 25 Minuten in Anspruch nimmt, und historisch auch das Offertorium musikalisch zu begleiten war, hat man sich beim Live Konzert am 21. Mai 2022 im Herkulessaal der Münchner Residenz dazu entschieden, die selten zu hörende fünfminütige Alma Dei creatoris in F-Dur KV 277 zwischen Credo und Sanctus einzuschieben. Zwar eine der vielen Ideen nach dem Motto „So hätte es sein können“, die sich jedoch musikalisch mirakulös zu einem höheren Ganzen fügt.

Auf dem Album sind noch die „Vesperae solennes de Dominica“ in C-Dur, KV 321 aus dem Jahr 1779 zu hören. Nicht zu verwechseln mit der bekannteren „Vesperae solennes de Confessore“ KV 339, trägt diese völlig freie Textvertonung ebenso opernhaften Charakter, prunkt beim Gotteslob, weiß aber auch bei der Musik zum Jüngsten Gericht theatralisch eindringliche Töne anzuschlagen.

Musikalisch ist die CD vor allem wegen Howard Armans rhythmisch präzisem, flottem und die Phrasen liebevoll ausdeutendem Dirigat und der geschlossenen Ensembleleistung zu loben. Der exzellente Profichor des Bayerischen Rundfunks als auch die Akademie für Alte Musik Berlin sorgen trotz aller Dramatik und einer klar wortbezogener Textausdeutung für ein schwebend, offen fließendes Hörerlebnis, gleichsam aller Schwerkraft enthoben.

Die glockenrein intonierende Katharina Konradi mit ihrem leuchtenden, in der Höhe funkelndem Jubelsopran, der klangnoble Mezzo von Sophie Harmsen, der schlankkernige Tenor von Steve Davislim und der samtige Bass des Krešimir Stražanac glänzen in ihren Soli und fügen sich in den Ensembles zu einem traumhaft homogenen Gesamtklang. Halleluja!

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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