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CD „VIOLINKONZERTE am DARMSTÄDTER HOF“ – Johannes Pramsohler; Audax Records

10.11.2018 | cd

CD „VIOLINKONZERTE am DARMSTÄDTER HOF“ – Johannes Pramsohler; Audax Records

 

Der in Archiven umtriebige, neugierige und auf Tonträgern schon exzellent repräsentierte Südtiroler Geiger Johannes Pramsohler wandelt diesmal auf den Spuren von Johann Jacob Kress. Ab 1712 Kammermusiker an der Hofkapelle Darmstadt, erhob Landgraf Ernst Ludwig, ein Möchtegern-Sonnenkönig mit Hang zur Geldverschwendung, Pramsohlers geigenden Kollegen aus dem frühen 18. Jahrhundert, zum Konzertmeister. Allerdings schuldete der in steten Geldnöten stehende Aristokrat dem am Hofe unverzichtbar gewordenen Musiker schon ganze Jahresgagen…

 

Kress war nicht nur ausführender Musiker, sondern auch Komponist, der auf dem neuen Album mit zwei Violinkonzerten, eines in c-Moll, eines in C-Dur, beide noch dazu CD-Weltpremieren, vertreten ist. Pramsohler attestiert den Werken eine solide Handwerkskunst. In der Nachfolge von Vivaldis kompositorischen Grundprinzipien hat Kress eine ganz eigene Verknüpfung von zwar ökonomischer, doch effektvoller Virtuosität und theatralischen Einfällen herstellen können. Zu den anderen Werken der CD bilden die Violinkonzerte von Kress eine Antithese, als sie rasch in hohen expressiven Gefilden landen – die Satzdauer beträgt grosso modo zwischen zwei und drei Minuten – und damit in Kontrast etwa zu langen Kadenzen im Violinkonzert in D-Dur von Johann Friedrich Fasch stehen.

 

Manche werden vielleicht fragen, warum denn bei dem ausdrücklich dem Darmstädter Genius loci huldigenden Titel der CD gerade ein Konzert von Georg Philipp Telemann (für Violine, Trompete und obligatem Violoncello in D-Dur) den Anfang macht? Der fruchtbare Komponist aus Magdeburg wirkte ab 1712 in Frankfurt, also in der Nähe von Darmstadt, was einen regen musikalischen Austausch ermöglichte. Telemann war sogar der Pate von Kress‘ Sohn Georg Philipp, der, wie könnte es anders sein, ebenso die Violine und Musikantentum zum Lebenszentrum erkor. Das kunstvolle Tripelkonzert hat Telemann wahrscheinlich Kress in die Finger geschrieben.

 

Das Album schließt mit der Ouvertüre (Orchestersuite) in sechs Sätzen für Violine, drei Trompeten, Pauken, Oboen, Fagott, Streicher und basso continuo von Johann Samuel Endler, einem repräsentativen Stück mit viel barockem Glanz und Gloria. Zwei Sätze hat Pramsohler aus einer anderen Suite Endlers hinzugefügt.

 

Die Darmstädter Barocksolisten und Johannes Pramsohler auf seiner Guadagnini 1745 (Solovioline und Leitung) bereiten ein sinnliches Klangfest: Von der beredten Artikulation mit Biss, dem Abwechslungsreichtum in der Klanginvention bis hin zu den geigerischen Kapriolen und technischen Vertracktheiten in Formel I Geschwindigkeit ist über die Aufnahme nur Positives zu berichten. Pramsohler sieht die neue Einspielung als Pendant zu seinem CD-Debüt mit Werken von und für den Dresdner Konzertmeister Georg Pisendel. Er trägt damit bewusst zu der Wiederentdeckung eines weiteren vergessenen Geigers bei und wollte ganz nebstbei beweisen, dass in Deutschland auch an Orten mit bescheideneren Verhältnissen und unter zahlungsschwachen Mäzenen exzellent Musik gemacht wurde. Der Beweis ist erbracht, die CD ist aus Repertoiregründen, aber auch wegen der interpretatorischen Leidenschaftlichkeit aller Beteiligten ein Hit.

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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