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CD VERDI MACBETH mit Nadja Michael und Giovanni Meoni, EUROPA GALANTE, FABIO BIONDI; GLOSSA

28.11.2018 | cd

CD VERDI MACBETH mit Nadja Michael und Giovanni Meoni, EUROPA GALANTE, FABIO BIONDI; GLOSSA

 

Der vorliegenden, in Warschau im August 2017 entstandenen Einspielung liegt die Originalfassung von 1847 zugrunde. Das gibt dieser Verdi-Oper, wie vom Dirigenten Fabio Biondi richtig eingeschätzt, tatsächlich eine größere dramatische und stilistische Kohärenz. Durch Einsatz des eigentlich auf Barockmusik spezialisierten Originalklangensembles Europa Galante will Biondi die in jeder Hinsicht revolutionäre Oper Macbeth, was Orchesterbesetzung, Instrumentalfarben und die Dramaturgie betrifft, in ihren ursprünglichen Kontext zurückführen. Das dürfte dem italienischen Dirigenten zwar gelungen sein, nur fehlt der Aufnahme insgesamt jede Italianita. So spröde, trocken und mager hat die Oper vom Orchester her wohl noch nie geklungen. Mögen viele rhythmische Details, instrumentale Charakteristiken, die Hexenszenen durch ihre rohe Verknappung expressiver als sonst hervortreten, so gehen insgesamt der musikalische Fluss sowie das Raffinement in der klanglichen Abmischung schmerzlich ab.

 

Rein sängerisch reicht die Bandbreite der Leistungen von echt gruselig bis anständig rollendeckend. Giovanni Meoni in der Titelrolle müht sich, mit seinem hellen, vom Timbre her weißen Bariton der Figur Kontur zu geben. In der großen Szene im dritten Akt „Vada in fiamme“ gelangt er gehörig an stimmliche, aber auch Grenzen des Ausdrucks. Nadja Michael hat sich für ihre Interpretation der Lady die ganz saure Zitrone der Oper des Jahres 2018 verdient. Sie lebt nicht nur auf schwerstem Kriegsfuss mit den Noten der Partitur, sondern liefert eher eine karikaturale als noch vom Ausdruck her zu rechtfertigende Sangesleistung ab. Ich habe diese ehemals große Sängerin für ihre Intensität im Ausdruck, ihre schauspielerische Hingabe an die Bühne und das markante künstlerisches Eigenprofil immer geschätzt. In Paris hat sie mich im Théâtre des Champs Elysées 2012 mit ihrer Medée von Cherubini insgesamt noch sehr überzeugen können. 

 

Das ist aber schon ein paar Jahre her. Ihr schonungsloser stimmlicher Einsatz fordert nun hörbar ihren ebenso schonungslosen Tribut ein. So viel an schrägen, unsauber intonierten Tönen, übermäßigem Tremolo, Anschleiferei der Höhen ins Ungefähre (meist Messerscharfe), hohler Tongebung habe ich schon lange nicht mehr gehört. Man könnte positiv formuliert auch sagen, dass  die Figur stimmlich noch nie so furchterregend und damit plausibel geklungen hat. Jeder kann und soll bei Interesse diese Frage für sich selber entscheiden. Für mich ist eine so vom Notenbild abweichende Interpretation nicht tragbar.  Giuseppe Valentino Buzza gibt einen heldischen Macduff, Fabrizio Beggi mit wohlklingendem Bass als Banco die beste Sangesleistung der CD. Der philharmonische Chor der polnischen Nationaloper Warschau singt exzellent. 

 

Fazit: Eine trotz des grundlegenden Interesses wegen der selten gespielten Fassung und des Einsatzes eines Originalklangorchesters hochproblematische Aufnahme. Keine Empfehlung.

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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