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CD: VARDUHI ABRAHAMYAN: RHAPSODY – Les Musiciens du Prince-Monaco, Gianluca Capuano

05.04.2021 | cd

CD: VARDUHI ABRAHAMYAN: RHAPSODY – Les Musiciens du Prince-Monaco, Gianluca Capuano

Album Rhapsody , Various Composers by Varduhi Abrahamyan | Qobuz: download  and streaming in high quality

Ein Album zum 200. Geburtstag Pauline Viardot-García

Mit ihrem Album «Rhapsody», erschien beim Label «DECCA Mentored by Bartoli», erinnert die armenische Mezzosopranistin Varduhi Abrahamyan würdig an den 200. Geburtstag der Sängerin, Komponistin und Gesangspädagogin Pauline Viardot-García. Entsprechend hat jedes der aufgenommenen Stücke einen engen Bezug zur Karriere Viardot-Garcías.

Michelle Ferdinande Pauline Viardot-García, die eine der vielseitigsten Künstlerinnen des 19. Jahrhunderts werden sollte, wurde am 18. Juli 1821 in Paris geboren. Ihr Vater war der spanischen Tenor Manuel del Pópulo Vicente García (1775-1832), ihr Bruder der Bariton Manuel Patricio Rodríguez García (1805-1906) und ihre Schwester war die Sängerin Maria Malibran (1808-1836). Neben ihrer Karriere als Sängerin feierte sie auch als Pianistin Erfolge. Klavierunterricht hatte sie von Franz Liszt erhalten, Komposition in Paris bei Anton Reicha (1770-1836), der auch der Lehrer von Franz Liszt, Hector Berlioz und César Franck war, studiert. Théophile Gautier berichtet über das Debüt von Pauline Viardot-García in der Oper Otello von Gioachino Rossini am 12. Oktober 1839 im Pariser Théâtre-Italien: „Sie besitzt eine Stimme, die als eines der prächtigsten Musikinstrumente wirkt, das man hören kann. Ihr weder zu helles noch belegtes Timbre ist bewundernswert. Es ist keine metallische Stimme wie diese von der Grisi; aber die Töne des Mediums haben etwas Sanftes und Scharfes, das das Herz rührt. Ihr Umfang ist wunderbar. In der Fermate des Andantes der von der Elisabetta in Otello eingeschobenen Kavatine hat sie zwei Oktaven und eine Quinte herausgestellt, das heisst von dem tiefen F des Tenors zum hohen C des Soprans.“ 1863 zog Viardot-García mit ihrem Mann, dem Theaterdirektor und Kunstschriftsteller Louis Viardot, und ihren vier Kindern nach Baden-Baden und sorgte damit für die Entwicklung der Kurstadt zur internationalen Kulturstadt. Ihre Baden-Badener Residenz, zu dem neben einer Villa auch ein Gartentheater und eine Kunst- und Vortragshalle gehörten, wurden zu einem Zentrum der Kunst: Hier trafen sich Musiker, Dichter, Maler und andere bedeutsame Persönlichkeiten ihrer Zeit: Clara und Robert Schumann, Frédéric Chopin, Camille Saint-Saëns, Johannes Brahms, Anton Rubinstein, Franz Liszt, Richard Wagner, Theodor Storm, Wilhelm und Augusta von Preußen und Otto von Bismarck. Mit Beginn des deutsch-französischen Kriegs 1870 ging die Familie nach Paris zurück. Dort verhalf sie unter anderem Jules Massenet zum Durchbruch, in dessen Oratorium «Marie-Magdeleine» sie bei der Uraufführung am 11. April 1873 die Titelpartie sang. Am 18. Mai 1910 starb Pauline Viardot-García in Paris.

Die Silberscheibe beginnt mit «Eccomi alfine in Babilonia – Ah! quel giorno ognor rammento», einem Rezitativ und einer Arie des Arsace, General der babylonischen Armee aus Rossinis «Semiramide», der eine der Paraderollen Viardot-Garcías war. Im Duettino „Vivere io non potrò“ aus Rossinis «La donna de lago» versichern sich Malcom und Elena gegenseitiges ihre Liebe. Duettpartnerin in der Rolle der Elena ist Abrahamyans Mentorin Cecilia Bartoli. Wunderbar melancholisch gelingt Abrahamyan «Mura felici, ove il mio ben si aggira – Elena! oh tu, ch’io chiamo», Malcoms Erinnerung an Elena ebenfalls aus «La donna de lago». In den drei Rossini-Tracks erweist sich Abrahamyan als glänzende Belcanto-Sängerin von ausgesprochener Musikalität. Hector Berlioz war ein grosser Fan von Viardot-García und so arbeitete er Glucks «Orphée et Euridice» (GluckWV 1.43) für Alt um. Das Textbuch der Bearbeitung erstellte Louis Viardot, der Gatte der Sängerin. Mit „Amour, viens rendre à mon âme“ macht Abrahamyan Berlioz Begeisterung für Viardot-García ganz praktisch nachvollziehbar. Mit der «Rhapsodie für eine Altstimme, Männerchor und Orchester» op. 53 verarbeitete Brahms seine unerfüllte Liebe zu Clara Schumanns Tochter Julie. In der Uraufführung vom 3. März 1870 in Jena sang Viardot-García das Alt-Solo. Hier («Aber abseits wer ist’s? – Ach, wer heilet die Schmerzen – Ist auf deinem Psalter») ist zu konstatieren, dass die Textverständlichkeit durchaus noch ausbaufähig ist. «Sappho» ist Charles Gounods erste Oper. Viardot-García unterstütze ihn nicht nur durch die Vermittlung des Librettos, sondern übernahm in der Uraufführung auch die Titelrolle. Camille Saint-Saëns (1835-1921) komponierte die Titelrolle seiner Oper «Samson et Dalila» für Pauline Viardot-García und widmete ihr die Oper. Mit «Mon cœur s’ouvre à ta voix» wie schon vorher mit «O ma lyre immortelle» aus Gounods «Sappho» zeigt Abrahamyan, dass sie in der französischen Oper genauso zu Hause ist, wie im Belcanto. Ein weiterer Höhepunkt der Disk ist «Donnez, donnez pour une pauvre âme» aus Meyerbeers «Le Prophète». Die Uraufführung der Oper war ein Triumph und dazu hat Viardot-García, deren Auftreten als Fidès für Meyerbeer condicio sine qua non war, ganz wesentlich beigetragen. Abrahamyan beschliesst die Aufnahme mit dem Lied «Krunk («Der Kranich») ihres Landmanns Komitas Vardapet, einem armenischen Priester, Komponisten, Sänger, Chormusiker, Musikpädagogen, Musikethnologen und Musikwissenschaftler, der heute als Begründer der modernen klassischen Musik Armeniens gilt, und bringt nocheinmal alle Vorzüge ihrer wunderbaren Stimme zur Geltung.

Les Musiciens du Prince-Monaco unter Leitung von Gianluca Capuano. Cecilia Bartoli, Gründerin und künstlerische Leiterin des Ensembles, hat hier auf historischen Instrumenten spielenden Spitzenmusiker zusammengebracht, was vom Ersten bis letzten Ton zu spüren ist. Die Sänger werden auf Händen getragen, die stilistische Vielseitigkeit des Ensembles, von Belcanto über die französische Oper, grandios die Orientalismen im «Bacchanale» aus «Samson et Dalila», bis zur armenischen Klassik Vardapets ist schlicht atemberaubend.

Eine würdige Erinnerung an Pauline Viardot-García und eine brillante Referenz Varduhi Abrahamyans.

05.04.2021, Jan Krobot/Zürich

 

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