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CD VALENTIN RADUTIU spielt Cellokonzerte von Haydn, J.C. Bach und Janson, hänssler CLASSIC

Die Apokalypse kann noch warten

11.06.2019 | cd

CD VALENTIN RADUTIU spielt Cellokonzerte von Haydn, J.C. Bach und Janson, hänssler CLASSIC

 

Die Apokalypse kann noch warten

 

Wenn die Nachrichten wieder einmal auf hageligen Tornado schalten,  der Cyberkrieg zwischen Internetgiganten tobt, man den Eindruck hat, dass Lenkwaffen aus dem All im Wettlauf um die Weltvorherrschaft auf den Abschuss warten oder ein zopfig verbiesterter Teenie uns mit schon für gestern prophezeiten Klimakatastrophen in Panik versetzen will, tut diese CD ein beruhigendes Wunder. Coolt down, enthysterisiert. Haydn schreibt aus Schloss Esterházy: „Niemand in meiner Nähe konnte mich an mir selbst irre machen und quälen, und so musste ich original werden.“ Ich rate, diesem klugen Pfad zu folgen: Werden wir original. Bis wir so weit wie Haydn sind, hören wir doch einfach dessen Musik und lassen die Jünger des Niedergangs ungehört. Weil wir wissen, zwei Dinge auf einmal, das geht nicht. Welches Stück ist dazu besser geeignet, als das 1783 geschriebene Konzert für Violoncello und Orchester in D-Dur Op. 101?  

 

Valentin Radutiu ist der ideale Interpret dieses sinnlich sanglichen Stücks Jubelgesang auf die Schönheit der Schöpfung. Radutiu orgelt die tiefen Kantilenen mit ruhig gepolstertem Ton. Er weiß genau, wann ein kleines rauchiges Innehalten die Beschwingtheit der Gesamtanlage und den tänzerischen Elan hierauf noch einmal steigern können. Wie elegant und mit leichtem Bogen Radutiu die kleinen Figuren und verspielten Verzierungen in Klang modelliert, aber auch die Übergänge von lang gesponnenen Bögen zu koloraturgeschmückten Hymnen hinzaubert, ist eine große Freude. Beim finalen Rondo im 6/8 Takt einfach zurücklehnen und in Seligkeit verharren. Die erfindungsreichen und hochvirtuosen Cadenzen stammen von Tobias PM Scheid. Das Württembergische Kammerorchester Heilbronn unter der musikalischen Leitung von Ruben Gazarian spielt voller Elan und in Festeslaune.

 

Johann Christian Bach hat mit seinem Konzert für Cello und Streicher in c-Moll ein nachdenklicheres, im zweiten Satz mit der elegischen Melodie von dunklen Tönen der Streicher gerahmt, ein mächtig erratisches Werk geschaffen. Dafür erklimmt der Solist im letzten Satz, dem „Allegro molto energico“, in stürmischer Eile und einer expressiven Solokadenz den Gipfel der Cellokunst oberhalb der schützenden Baumgrenze. Dort wo der Gletscher-Hahnenfuss, Moose und Flechten in aller Ruhe und Stille meditieren. Henri Casadesus, der 1901 die Société des Instruments Anciens, eine Gesellschaft für historische Instrumente gründete, hat für seine Konzerttourneen bis 1939 und speziellen Repertoirezwecke komponiert, auch im Stile barocker Meister. Das hier (früher) J.C. Bach zugeschriebene Werk soll ein Beispiel dafür sein. 

 

Das dritte Juwel im schönen Bunde ist das Cellokonzert in D-Dur von Jean-Baptiste-Aimé-Joseph Janson. Der aus der nordfranzösischen Stadt Valenciennes stammende, schon mit 13 Jahren konzertierende Cellist begann, sich zunehmend auf sein enormes technisches Können maßgeschneiderte Werke selbst zu schreiben. Beschwingt dialogisierend tänzelt das Stück seinem fröhlichen Finale entgegen. Dazu passt ein Moelleux au Chocolat (dieses unwiderstehlichen Küchelchen mit noch flüssiger Schokolade im Inneren) mit einem starken Espresso. Mit Vanilleeis und Schlagobers lässt sich der Genuss noch steigern. Wohl bekomm‘s. Apokalypse ist morgen.

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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