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CD „UNCONVENTIONAL JOURNEY“ – TRIO REVOLUTION mit Musik von Liebermann, Haydn und Kapustin; Ars Produktion

Originäre Trios für Flöte, Cello und Klavier

17.02.2024 | cd

CD „UNCONVENTIONAL JOURNEY“ – TRIO REVOLUTION mit Musik von Liebermann, Haydn und Kapustin; Ars Produktion

Originäre Trios für Flöte, Cello und Klavier

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Das junge Trio mit seinen aus Georgien stammenden Mitgliedern Temo Kharshiladze (Flöte), Sandro Sidamonidze (Cello) und Ketevan Sepashvili (Klavier) fanden sich 2019 in Wien zusammen, um miteinander Kammermusik zu erproben. Ihre unkonventionelle musikalische Reise führt sie auf diesem Album von den USA (das einsätzige Moderato con Pazzia von Lowell Liebermann) über Österreich (Joseph Haydn: Flötentrio in D-Dur, HOB. XV:16) bis zum in der Ostukraine geborenen Komponisten Nikolai Kapustin (das jazzklassische Trio für Flöte, Cello und Klavier Op. 86). Aufgenommen im September 2023 im Franz-Liszt-Zentrum Raiding, möchte ich auf den besonderen Klang des Fazioli Flügels 278 aufmerksam machen, dem das Trio Revolution in diesen Stücken eine besondere Atmosphäre verdankt.

Das einsätzige Trio Nr. 2 für Flöte, Cello und Klavier Op.87 aus dem Jahr 2004 des Komponisten Lowell Liebermann wurde von der University of Kansas in Auftrag gegeben und 2007 vom Trio Fedele erstmals für CD eingespielt. Der unglaublich schaffensfrohe Tonsetzer und Pianist hat neben zwei Opern und einer Menge an Instrumentalmusik (darunter ein Flötenkonzert und ein Konzert für Flöte, Harfe und Orchester) auch schillernde kammermusikalische Werke unter Einbeziehung der Flöte geschrieben, so eine „Nachtmusik für Flöte, Klarinette und Klavier“, eine „Sonate für Flöte und Gitarre“, eine „Sonate für Flöte und Harfe“ sowie eine weitere für „Flöte und „Klavier.  Alex Ross vom New Yorker charakterisierte den Musiker so „Lowell Liebermann ist ein Genießer unter den amerikanischen Komponisten, der glitzernde Akkorde, hauchdünne Linien und samtige Texturen zu schätzen weiß, die selbstbewusstere intellektuelle Kollegen vielleicht nicht zu Papier bringen würden.“

Sein „Moderato con pazzia“ (=‘Moderato mit Wahnsinn‘), wie Liebermann das Flörentrio nennt, begegnet uns eingangs als aufgeregt geschwätziges Pasticcio aus Klängen, die flüchtig, allzu flüchtig kommen und gehen. Dann beruhigen sich Cello und Flöte. Sie versuchen ein abtastendes Zusammen mit perlenden Klavierkaskaden in Hintergrund. Alsbald gewinnt der Unruhegeist wieder die Oberhand und erinnert an so manche Fernsehshow, wo alle gleichzeitig durcheinanderplappern. Die folgende scheint’s kontemplative Ruhe, in unheimliches Halbdunkel gedimmt, lässt keinen Raum für Gemütlichkeit, obwohl sich unmerklich impressionistisch Flötendes in die Wahrnehmung schleicht. Aprilwetterliches Tauen, das unentschlossen von einer in die andere Jahreszeit wechselt, trägt die Sehnsucht nach sommerlicher Leichtigkeit in sich. Jetzt darf die Flöte vogelsanglich virtuos aufrauschen, das Trio klingt sachte aus. Bei allem Respekt, ganz klar ist mir nicht, was der Komponist mit dem Werk will. Ich schätze mal, zu viel, weshalb auch nach mehrmaligem Hören nichts eindrücklich haften bleibt.

Anm.: Am 21.3.2024 feiert das zweite Flötenkonzert von Liebermann mit Stefán Ragnar Höskuldsson (Flöte) und dem Chicago Symphony Orchestra unter Susanna Mälkki, in der Orchestra Hall/Symphony Center von Chicago, Illinois, Weltpremiere.

Ein Hit ist dem Trio mit Haydns dreisätzigem „Flötentrio in D-Dur“ gelungen. Das sage ich nicht nur, weil Haydn einer der von mir am meisten geschätzten Komponisten ist, sondern weil das Trio Revolution den Herzschlag dieser Musik verstanden und erfühlt, ja völlig verinnerlicht hat. Ob die heitere Unbeschwertheit im Allegro, mit zarten Molltönen wie Wölkchen am Sommerhimmel durchwirkt, das Andantino più Allegretto im Sechsachteltakt samt nachdenklich mäandernder Coda bis zum schwungvoll endenden Rondo des Allegro giocoso, das Trio überzeugt mit Kantabilität, Spielwitz und tänzerischem Elan, stets überraschungseffektvoll, sodass man sicherlich selbst am Hofe des Fürsten Esterházy von der Darbietung begeistert gewesen wäre.  

Nikolai Kapustin, mittlerweile dank des großartigen Einsatzes des deutschen Pianisten Frank Dupree für viele kein Unbekannter mehr, wurde am Moskauer Konservatorium ausgebildet. In den 60-er Jahren waren Benny Goodman oder Duke Ellington auf ihren Tourneen in Russland. Kapustin hörte im Radio deren Musik, gründete sein eigenes Quintett und spielte in der Moskauer Bigband von Juri Saulsky. Der Pianist konzertierte zudem im Großen Symphonieorchester des Moskauer Rundfunks. Als Komponist konzentrierte sich Kapustin auf sein Instrument und das Cello. Er schuf Werke des Genres „Symphonischer Jazz“, ein Amalgam aus swing-rhythmisierender Aneignung der klassischen Traditionen von Bach bis Stravinsky von betörender Schönheit und Originalität, aber auch wunderbare Kammermusik, wie etwa seine 24 Jazz-Préludes. Auf dem Album ist das Trio für Flöte, Cello und Klavier Op. 86 aus dem Jahr 1998 zu hören. Die Pianistin des Trios Ketevan Sepashvili teilt mit Kapustin ihre Begeisterung für Jazz, eine Leidenschaft, die von ihrer georgischen Klavierlehrerin Tamara Pkhakadze gefördert wurde. Dementsprechend konzentriert und dennoch locker pulsierend geht das Trio an die nicht einfache polyrhythmische Musik heran. Den Zuhörer erwarten 20 Minuten voll unterhaltsamer Kurzweil und nachtklubseliger Schwärmerei. 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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