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CD-TRIOSONATEN von J. G. GOLDBERG und W. F. BACH; ENSEMBLE DIDEROT; Audax Records

17.11.2023 | cd

CD-TRIOSONATEN von J. G. GOLDBERG und W. F. BACH; ENSEMBLE DIDEROT; Audax Records

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„Sie (Goldbergs Triosonaten) haben es verdient, einen Platz im Zentrum des Repertoires einzunehmen, reihen sie sich doch ob ihres musikalischen Gehalts, ihrer kreativen Einfälle und der kompositorischen Raffinesse in die Riege der ganz Großen ein.“ Pramsohler

Goldberg ist einer der bekanntesten und geheimnisumranktesten Cembalosolisten- und Komponisten der Musikgeschichte. Allerdings nicht primär wegen der eigenen Werke, sondern der geniale Musikus fungierte als später Titelgeber von J. S. Bachs „Goldberg Variationen“. Die romantisch verklärte Entstehungslegende geht schließlich auf eine im 19. Jahrhundert veröffentlichte Schilderung des Johann Nikolaus Forkel zurück. Der Autor hat in seiner Monographie „Ueber Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke“ aus dem Jahr 1802, die wiederum auf Berichte der beiden ältesten Bach-Söhne zurückgehen soll, festgehalten, dass der Diplomat am Dresdner Hof, Graf Hermann Carl von Keyserlingk, Bach um Musik für „seinen“ Cembalisten Johann Gottlieb Goldberg ersucht hätte, damit er so in seinen schlaflosen Nächten ein wenig aufgeheitert werden könne.

Wer war dieser Goldberg? Johannes Pramsohler, Gründer und erster Geiger des Ensembles Diderot hat aus den überlieferten Zeugnissen des Johann Friedrich Reichardt und Johann Nikolaus Forkel mit dem Vorbehalt historisch verbürgter Wahrscheinlichkeit folgende Kurzcharakterisierung zusammengefasst: „Phänomenales Wunderkind; höchst eigensinniger ‚Notenfresser‘, exzentrischer Melancholiker, der seine Werke selbst zu vernichten pflegte, genialer Schüler Bachs, technisches Talent ‚ohne große Begabung zur Composition‘, dessen Klavierkompositionen jedoch an Schwierigkeit über jenen Bachs stünden.“

Wieder befinden wir uns hier zwar in den Klauen der Anekdote, jedoch gewinnt die Figur des Künstlers Goldberg abseits des Variationenwerks seines Lehrers ein wenig an konkret genuiner Kontur. Gesichert ist, dass Goldberg schon als 10-jähriger Schüler im Hause Bach wurde. 1751 avancierte Goldberg zum hochgräflichen Kammermusikus der Privatkapelle des Grafen Brühl. Alt wurde er nicht, der nur 29-jähige Goldberg starb in Dresden an Tuberkulose.

Über die musikalische Qualität seines Schaffens kann man sich anhand der neuen Aufnahme des Ensembles Diderot eine Vorstellung machen. Zumindest was die vier Triosonaten (2 in C-Dur, je eine in g-Moll und B-Dur) anlangt, zu denen die Triosonate in B-Dur von Wilhelm Friedemann Bach als ergänzende Referenz aufgenommen wurde. In den Triosonaten sollten idealerweise Kontrapunkt, Melodieführung und Harmonie zueinander finden, besetzt waren sie mit zwei Geigen und einem Basso continuo.

Stilistisch knüpfen Goldbergs Triosonaten an die Triosonate aus J. S. Bachs „Musikalisches Opfer“ an. Große Melodiebögen und eine „raffiniert verdichtete kontrapunktische Arbeit“ sind Markenzeichen dieser Triosonaten. „Archaisierende Polyphonie und ein dem empfindsamen Stil verpflichtetes Pathos“ stellen laut Pramsohler die beiden Pole dar, die besonders die a-Moll Sonate charakterisieren.  

Das Album bringt dank der überbordenden Spielfreude und dem kunstfertigen Miteinander von Johannes Pramsohler, Roldán Barnabé (Violinen), der Cellistin Gulrim Choï und dem unverzichtbaren Cembalisten Philippe Grisvard die harmonisch reizvollen Stücke, ihre extravagante Chromatik und polyphone Komplexität auf den Punkt.

Der reichhaltigen Diskografie des 2008 gegründeten französischen Ensembles ist zu seinem 15-jährigen Bestehen ein weiterer Karfunkel zugewachsen, der diese exquisite barocke Kammermusik von innen her zum Leuchten bringt.  

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

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