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CD THOMAS HAMPSON singt Bearbeitungen von Klavierliedern für Orchester von Johannes Brahms (Schubert) und von Detlev Glanert (Brahms ‚Ernste Gesänge‘); hänssler Classic

01.02.2025 | cd

CD THOMAS HAMPSON singt Bearbeitungen von Klavierliedern für Orchester von Johannes Brahms (Schubert) und von Detlev Glanert (Brahms ‚Ernste Gesänge‘); hänssler Classic

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Claudio Vandelli und die Würth Philharmoniker verströmen sich in irrwitziger Intensität in den Klangwelten von Brahms, Mendelssohn-Bartholdy und Glanert

Programmatisch ist es ein gescheites wie animierendes Album geworden. Wie Dirigent Claudio Vandelli in einem Interview zu Protokoll gibt, stehen die „Vier Präludien und Ernsten Gesänge“ von Detlev Glanert/Brahms im Mittelpunkt des Albums ganz frei nach dem Motto, das Thema Orchestrierung ein weiteres Mal zum Ausgangspunkt einer musikalischen Entdeckungsfahrt zu machen.

Johannes Brahms ist hier in einigen Facetten seines Schaffens zu erleben. Einmal als Bearbeiter von fünf Schubert-Liedern für Singstimme und Orchester (Gruppe aus dem Tartarus, An Schwager Kronos, Memnon, Geheimes, Greisengesang) als auch über ein Thema (angeblich) von Joseph Haydn (Variationen über ein Thema von Joseph Haydn in B-Dur; Op. 56a), einmal als Komponist der berühmten Vier Ernsten Gesänge, die wiederum von Detlev Glanert mit jeweils einem Präludium versehen, für Bassbariton und Orchester bearbeitet wurden.

Johannes Brahms ging sehr sorgsam mit der Instrumentierung um. Es ging ihm mehr, als um eine originelle Note einzubringen, darum, die Lieder um „orchestrale Farben“ zu ergänzen. Vandelli: „Diesen Prozess könnte man damit vergleichen, einen alten Schwarz-Weiß Film nachträglich zu kolorieren.“

Detlev Glanert steht zu Recht im gewichtigen künstlerischen Zentrum des Albums, als seine Bearbeitung samt den vier Präludien, ergänzt um ein Postludium, via Instrumentierung der „Vier Ernsten Gesänge“ von Brahms neue Erfahrungshorizonte in klanglicher Einfühlung und zeitgenössischem Mut eröffnen. Mit der „Hybriden-Konzertouvertüre“ von Mendelssohn-Bartholdy sollte nichts anderes als ein solider Schlussstein, ein passender Bonus-Track, gesetzt werden. Vandelli: „Er soll unterstreichen, dass jede Komposition in Wahrheit eine Transkription von etwas anderem, einem Bild, einer Emotion, einer Erfahrung, einer Musik, die der Komponist vorher gehört hat oder von Gefühlen, die wir von Kindheit an kennen, ist.“

Neben den formidablen Würth Philharmonikern steht die Liedinterpretationskunst von Thomas Hampson im zentralen Interesse des Albums. Der – und es ist kein Geheimnis – am 28. Juni 2025 sein 70. Lebensjahr vollendende Kavaliersbariton mit tenoraler Höhe hat wie kein Zweiter nach „FiDi“ in diesem Fach die Interpretation Maßstäbe des (nicht nur) deutschen Liedes geprägt. Was umso bewundernswerter ist, als er als Amerikaner, der mit seinen zahllosen Opernauftritten, Liederabenden, aber auch mit seiner „Hampsong Foundation“, mit der Forschungsprojekte, Symposien, Meisterkurse und Gesprächskonzerte unterstützt werden sowie als Pädagoge die „klassische“ Musikwelt nachhaltig prägte und prägt, sich die deutsche Sprache zu Eigen gemacht hat wie kein Zweiter.

Auch auf diesem Album ist hiervon künstlerisch enorm zu profitieren, was insbesondere Eleganz des Vortrags, sinnstiftende Phrasierung, Wortdeutlichkeit und traumhafte Legatobögen sowie Pianokultur angeht. In den unteren Registern ist zwar eine merkliche Einbuße an klanglich-fülliger Substanz und Spannkraft zu konstatieren, was jedoch in Summe der künstlerischen Erkenntnisse und der nach wie vor ungewöhnlich feinsinnigen Gesangskultur des Sängers, fast wäre man versucht, von der Institution Thomas Hampson zu sprechen, nur „beckmesserische“ Abstriche abverlangt.

Ich wertschätze jedenfalls und liebe, was ich höre! Empfehlung!

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

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