THE SCHUBERT ALBUM
Paul Armin Edelmann, Bariton
Charles Spencer, Klavier
CD / Capriccio C 5331
Von den „Edelmann-Brüdern“ ist derzeit der „große Bruder“ Peter mehr im Gespräch – Kunststück, bereitet dieser doch seine erste Saison als Intendant in Mörbisch vor. Paul Armin Edelmann, der eher international unterwegs ist (immerhin hat er an beiden Wiener Häusern den Papageno gesungen, allerorten seine Paraderolle), ist auf den CD-Markt gut vertreten. Die neue „Scheibe“ ist deshalb bemerkenswert, weil sie mit Schubert einen der größten Namen beschwört („Schon wieder Schubert“, könnte jemand stöhnen) – und dennoch ganz anders ist.
Einfach ist es, immer wieder die „Winterreise“ oder „Die schöne Müllerin“ zu singen, da können sich Interpreten, Hörer und Kritiker fachgerecht in Details festbeißen. Und natürlich würde man nie sagen wollen, dass die üblichen Zyklen (die man als Liedfreund schon mitsingen kann…) nicht immer wieder, mit jedem Interpreten neu interessant sind – aber mehr für diesen als für Schubert.
Was aber, wenn es Schubert „bunt gemischt“ gibt, einfach „The Schubert Album“, wie der Titel heißt? Es kamen auch schon Einwände, man könne den dramaturgischen Zusammenhalt nicht erkennen. Tatsächlich hat Paul Armin Edelmann in dem Booklet, das der CD beiliegt, in einem Interview einen sehr einleuchtenden Vorschlag: „Auf wilden Wegen“ wollten er und Begleiter Charles Spencer ihre Auswahl (die zufällig auch seine Lieblingslieder sind…) eigentlich nennen – und genau das ist es geworden.
„Bewegte“ Stücke sind es (mit ganz wenigen ruhigeren Ausnahmen), tatsächlich hört man einen vordringlich so dramatischen Schubert, als handelte es sich um „Arien mit Klavier“, die man auf einer Opernbühne zu erleben meint. Der Dramatiker vor dem Lyriker. Eine wirklich spannende Erfahrung.
Da kann man sich als Interpret gewaltig „ins Zeug legen“, und Edelmanns Stimme, die man als „substanziell“ bezeichnen kann, ein voller, warmer, schöner Bariton, den er gerne „satt“ strömen lässt, ist da ganz richtig. Natürlich beruht seine Technik und sein Weg der Interpretation auf jener Schule, die das deutsche Kunstlied mit perfekter Artikulation und Modulation darbietet, aber da ist schon eine sehr persönliche Note zu erkennen, die er den Werken gibt (textlich von Goethe über Rückert und Müller – „Halt“ und „Der Neugierige“ kommen aus der „Schönen Müllerin“ – bis Schulze). Da hat er in seinem Temperament auch keine Angst davor, gelegentlich ins Pathos zu gelangen, was aber nur eine der vielen „Farben“ ist, die er anzubieten hat. Die anderen liefert Charles Spencer am Flügel, der die immanente Dramatik aller Nummern unterstreicht.
Natürlich ist es, wenn man auch ein Stück aus der „Winterreise“ nimmt, sinnvoll, die CD mit dem „Leiermann“ zu beschließen. Dieses unglaubliche Lied, das immer unter die Haut geht und das Edelmann eher verhalten singt, krönt mit Gänsehaut erzeugender Konzentration die temperamentvolle Auswahl davor, ist der große, schmerzliche Schubert, wie er unerreichbar in der Musikgeschichte steht. Besser kann man nicht enden.
Renate Wagner