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CD „THE NEW YORK CONCERT“ – Evgeny Kissin & Emerson String Quartet spielen Mozart, Fauré und Dvořák, Deutsche Grammophon

07.05.2019 | cd

CD „THE NEW YORK CONCERT“ – Evgeny Kissin & Emerson String Quartet spielen Mozart, Fauré und Dvořák, Deutsche Grammophon

Dieser überwiegend musikalisch erfreuliche Mitschnitt bringt wieder die Begegnung mit dem großartigen Evgeny Kissin, diesmal als Kammermusiker. Und die Rolle steht ihm ausgezeichnet. Aber das Zusammenmischen guter Ingredienzien muss nicht automatisch durchwegs zu höchsten feinschmeckerischen Genüssen führen, wie diese CD ebenfalls zeigt. Was – wie schon angedeutet – nicht an dem formidablen, durch Herbert von Karajan im jüngsten Teenageralter zu Weltruhm gelangten Evgeny Kissin liegt. Der edel und umfassend gereifte russisch-israelische Künstler ist nämlich besser und interessanter denn je.

Abhold jeglicher Experimentiererei vermag er auf dem Steinway mit präzisester Artikulation wahre Wunder an romantischen Gefühlsextremen, differenziertester Anschlagskultur, raumsprengender Intensität und langatmiger Phrasierung zu vollbringen. Selbst der Kollegen gegenüber stets überkritische  Vladimir Horowitz hätte wahrscheinlich seine Freude an Kissin gehabt. Da wird nicht verwischt und noch weniger „gedroschen“. Als sensibler Kammermusikpartner hört er auf den Atem des Emerson-Quartetts, folgt ihrem Elan bzw. lässt seinen musikalischen Herzschlag den kompositorischen Fluss kadenzieren. Das zeitigt die bezauberndsten Ergebnisse bei Mozarts magischem Klavierquartett in g-Moll, KV 478 oder Faurés Klavierquartett Nr. 1 in c-Moll, Op. 15.

Das zurecht für ihren Ausdruck gerühmte Emerson Quartett kann bei diesem ersten auf CD festgehaltenen Zusammenwirken nicht mit Evgeny Kissin mithalten. Ihr Part klingt besonders bei Mozart und zu Beginn des Dvořák Quintetts eher pauschal und unausgewogen, nicht ganz aufeinander abgestimmt. Da dürften wohl die Vorstellungen von Tempo und Artikulation nicht immer übereinstimmen. Wiewohl den berühmten Musikern (abwechselnd Philipp Setzer und Eugene Drucker 1. und 2. Violine, Lawrence Dutton Viola und Paul Watkins Cello) sicherlich nicht Engagement und Expressivität abgesprochen werden kann, schleichen sich ärgerliche Intonationstrübungen vor allem die hohen Streicher betreffend ein. Durch ein genaues Stimmen vor dem Konzert hätten diese sicherlich vermieden werden können. Die Quartett-Musiker loben im Booklet zu Recht Kissins kristallklare Basslinie und die Passagenarbeit bei Mozart, aber auch die Klangfarben, den Schwung und die schiere Energie bei Fauré, Dvořák oder dem als Zugabe gespielten „Scherzo“ aus Shostakovich‘ Klavierquintett in g-Moll, Op. 57. Sie selbst finden erst beim „Scherzo“ und „Finale“ des Quintetts für Klavier, 2 Violine, Viola und Cello Nr. 2 in A-Dur, Op. 81 von Antonín Dvořák zu rauschhaft glühender Höchstform.  

Das Klangbild ist gerade noch befriedigend, auf jeden Fall räumlich nicht ausreichend plastisch.

Evgeny Kissin verdient fünf Sterne, das Emerson Quartett aus den genannten Gründen nur drei.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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