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CD: STEPHEN COSTELLO: A TE, O CARA– Kaunas City Symphony Orchestra, Constantine Orbelian

17.06.2020 | cd

CD: STEPHEN COSTELLO: A TE, O CARA– Kaunas City Symphony Orchestra, Constantine Orbelian

Stephen Costello - A Te, O Cara (CD) – jpc

Für den Mut eine CD mit Belcanto-Arien vorzulegen, ist, angesichts der enormen Konkurrenz auf den Bühnen wie auf den Aufnahmen, der amerikanische Tenor Stephen Costello erst einmal uneingeschränkt zu bewundern. Der Blick ins Booklet verwundert dann aber: Neun Arien Donizettis stehen je eine Bellinis und eine Verdis gegenüber. Rossini gehört in Amerika, mindestens aber beim Label DELOS, das sich auf seiner Website selbstbewusst als „The Great American Label“ bewirbt, offenbar nicht zum Belcanto.

„Ah mes amis” aus Donizettis „La fille du régiment“ gelingt Costello beachtlich. Hier überzeugt er mit betont „männlichem“ Klang seiner Stimme und gut gesetzten Höhen. In „Pour me rapprocher de Marie”, ebenfalls aus „La fille du régiment“, klingt die Stimme eng, unfrei und die Höhen mühsam herausgedrückt. „A te, o cara” aus Bellinis „I Puritani“ führt Costello dann aber an seine Grenzen. Kaum geht es in die Höhe, klingt die Stimme wieder eng und die Spitzentöne, auch wenn sie zuverlässig kommen, arg gepresst. Weshalb „Deserto in terra” aus „Don Sebastiano“ nicht in der Originalsprache bleibt wohl das Geheimnis der Verantwortlichen des Labels und des Sängers. „Quanto e bella” und „Una furtiva lagrima” aus Donizettis „L’elisir d’amore“ gelingen durchschnittlich, offenbar mit frischer Stimme aufgenommen. Aber auch hier fehlt der Stimme das gewisse Quäntchen Leichtigkeit, das so viele der Konkurrenten zu bieten haben. Die Tendenz zum Schmettern ist schlicht unnötig. Der Traum „Sogno soave e casto” aus „Don Pasquale“ ist weder keusch noch tugendhaft: es dominiert handfeste Leidenschaft im Sinne von purer Lautstärke. Bei „Spirto gentil” aus „La favorita“ stellt sich wie bei „Deserto in terra“ die Frage: Warum nicht die Originalfassung? Ist die CD-Aufnahme nicht Grund genug eine andere Fassung zu lernen? Das „Vivi tu, te ne scongiuro” aus „Anna Bolena“ vermag nur bedingt zu überzeugen: gegen das Ende kommt die Stimme arg in Bedrängnis. „Parmi veder le lagrime” aus Verdis Rigoletto“ ist die Nummer der Aufnahme, die am ehesten zu gefallen mag. Hier passt die Dramatik der Stimme. Das „Fra poco a me ricovero” aus Donizettis „Lucia di Lammermoor“ ist ein halbwegs versöhnlicher Schluss.

Das Kaunas City Symphony Orchestra unter Constantine Orbelian begleitet einigermassen zuverlässig. Mehr auch nicht.

Die CD kann leider nicht überzeugen: Das Repertoire passt nicht zur Stimme. Die Stimme ist zu dramatisch, zu laut, zu prunkend eingesetzt und klingt in der Mittellage rasch verbraucht und in den Höhen unangenehm eng und gequetscht. Der Hörer vermisst die Farben, die eine Stimme zu bieten hat: es tönt alles mehr oder weniger gleich. Es fehlen die Leichtigkeit und Eleganz, das Stilbewusstsein, das die Konkurrenz im Fach Belcanto in mehreren Fällen uneingeschränkt zu bieten hat. Angesichts der bereits erwähnten Konkurrenz fallen dann auch technische Mängel wie hörbares Atmen stärker ins Gewicht.

Eine schlecht gestaltete Visitenkarte. Mehr nicht.

15.06.2020, Jan Krobot/Zürich

 

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