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CD SOIRÉE MAGDALENA KOZENÁ & FRIENDS, PENTATONE

14.09.2019 | cd

CD SOIRÉE MAGDALENA KOZENÁ & FRIENDS, PENTATONE

 

Den Zwängen eines Großlabels entschlüpft, präsentiert Magdalena Kožená auf diesem feinen Liedalbum nicht nur sieben Dvorak Songs in einer Bearbeitung von Duncan Ward für Flöte, Klarinette, Streichquartett und Klavier, sondern auf dessen Tasten niemand Geringeren als ihren Ehemann Sir Simon Rattle, nebstbei sein Schallplattendebüt als Pianist. 

 

Im Vorwort schreibt Kožená darüber, wie schwierig es heute ist, einen Hausmusiksonntag mit Gleichgesinnten zu organisieren. Die CD soll die Atmosphäre eines solchen improvisierten Treffens wiedergeben. Gemeinsam mit Wolfram Brandl (Violine), Rahel Rilling (Violine), Yulia Deyneka (Viola), David Adorjan (Cello), Andrew Marriner (Klarinette), Kaspar Zehnder (Flöte) und Sir Simon Rattle (Klavier) singt Magdalena Kožená  einen bunten Strauss an Liedern von Ernest Chausson, Antonín Dvořák, Johannes Brahms, Igor Stravinsky, Maurice Ravel und Leoš Janáček.

 

In den klanglich reizvollen und fein abschattierten Versionen für Mezzosopran und Kammermusikensemble in unterschiedlicher Formation bekommen diese Juwelen aus dem Liedschaffen Ende 19. Anfang 20. Jahrhundert einen unverwechselbar folkoristischen, opulenten oder exotischen Anstrich, je nachdem ob wir Dvořáks erdig schwungvollen Liedern, Janáček, Brahms, oder Ravels klingendem Ausflug nach Madagaskar lauschen. 

 

Ich erinnere mich mit Freude an Magdalena Koženás erstes Album bei der Deutschen Grammophon „Le belle imagine“ mit Arien von Mozart, Gluck und Myslivecek aus dem Jahr 2001. Ihr golden kühl schimmernder, genuin lyrischer und höhensicherer Mezzo faszinierte damals wie heute. Sie vermag mit all den vielfältig nuancierten Pastellfarben ihrer luxuriös timbrierten Stimme viele der Emotionen, die sich wie so oft um Liebe, Sehnsucht, Sternenhimmel, Schwüre, Verlust, Natur, Nacht und Tod drehen, kreatürlich unmittelbar zu vermitteln. Natürlich liegen ihr die slawischen Gesänge besonders gut in Gurgel und Gemüt. Aber Kožená glänzt auch bei Brahms, Chausson und Ravel durch eine exquisite Diktion, noble Phrasierung und höchste Eleganz im Vortrag, was macht es da, dass ihr Stimmvolumen dynamisch doch begrenzt ist. Durch eine kluge Repertoireauswahl ähnlich Berganza hat es Kozena verstanden (sie ging – die Carmen als einziger „Unfall“ einmal ausgenommen – nicht über ihre Fachgrenzen hinaus), ihr frisches Timbre, die ruhige Stimmführung, den perfekten Lagenausgleich  unbeschadet durch die Jahrzehnte ihrer Karriere vor Abnutzung zu bewahren. 

 

Einen Höhepunkt des Albums bietet Brahms ,Geistliches Wiegenlied‘, begleitet von Viola und Klavier. „Grimmige Kälte sauset hernieder, womit nur deck ich des Kindleins Glieder! O all ihr Engel, die ihr geflügelt wandelt im Wind, stillet die Wipfel, es schlummert mein Kind.“ packt den Hörer garantiert am Schopf.

 

Shakespeare erfährt bei Stravinskys drei Liedern aus dem Jahr 1953 (Sonnett 8, Ariels Lied und Spring) und den fünf Ophelia Liedern von Johannes Brahms (arr. Aribert Reimann für Mezzosopran und Streichquartett) ausdrucksintensive Klarheit und sprachliche Plastizität. Bei Ravels bunt instrumentierten, impressionistisch abstrakten Klanggedichten kann Magdalena Kožená ohnedies mit den besten französischen Interpretinnen mithalten. Geheimnisvolle Sternenlichter, wo jedes Wort kunstreich in Stimmung verfängt.

 

Fazit: Die schönste Lied-CD des angehenden Herbstes. Mögen sich Magdalena Kožená und ihre Freunde doch bald wieder zu einem sonntäglichen Stelldichein mit Wein zusammenfinden. Die exzellenten Tontechniker von Pentatone könnten ja wieder zufällig dabei sein. 

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

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