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CD SHEILA ARNOLD – ÉCOUTEZ: Klaviermusik von DEBUSSY, CAGE und TAKEMITSU; CAvi

07.06.2018 | cd

CD SHEILA ARNOLD – ÉCOUTEZ: Klaviermusik von DEBUSSY, CAGE und TAKEMITSU; CAvi

 

„Reflexe auf dem Wasser“ – mit diesem Debussy-Stück aus den „Images“ beginnt die Klangzauberin Sheila Arnold ihr neues Album, dass ganz einfach mit der Aufforderung „Hören Sie zu“ um Aufmerksamkeit wirbt. Also was bekommt der Musikinteressierte serviert? Ein durchaus wohlduftendes- und schmeckendes wenngleich unkonventionelles Menu aus der reichhaltigen musikalischen Wunderküche der drei Komponisten Claude Debussy, Tôru Takemitsu und John Cage in mehreren abwechslungsreichen Gängen.

 

Auf die drei Nummern aus Debussys Images Buch I folgt „Piano Distance“ von Takemitsu, bevor nach einem Zwischenspiel mit Debussys „Les Fées sont d‘exquises danseuses“ John Cage mit fünf Sonatas und Interludien für präpariertes Klavier ( da werden kleine Gegenstände im Inneren des Klaviers angebracht, die schlagzeugähnkliche Töne erzeugen) seine Stimme erhebt. Sheila Arnold fasziniert mit Takemitsus ganz der japanischen Tradition verpflichteten Sprache aus Geräusch („Sawari“), Komplexität des Tons und des „zeitlich ummessbaren, metaphysischen Kontinuums der Stille“ (Ma“) auch in dem vom surrealen Gedicht des Dichters Shuzo Takiguche inspirierten „La pause ininterrompue“. 

 

Das klug arrangierte Programm kann wie ein erhellender Gang durch eine Galerie beschrieben werden, wo ein kundiger Führer einen an der Hand nimmt und mit Quervergleichen die Augen öffnet.  Debussy hat das erste und das letzte Wort (mit seinen berühmten „Feux d‘artifice“ – Feuerwerk) und scheint wie der rote Faden, an den die anderen Stücke sich orientieren und ihre Nähe knüpfen. Cage wiederum waren „Sawari und Ma durch seine Beschäftigung mit der fernöstlichen Philosophie und dem Zen-Buddhismus seine Seins-Art geworden. Sheila Arnold beschreibt das dritte Interlude als eine Wandlung in eine langgezogene irisierende Lichtwolke.

 

Auch Debussy war ja bekanntlich von Kulturen (Japan, Ägypten) beeinflusst, ohne je dort gewesen zu sein (vgl. „Ce qu‘a vu le vent d‘Ouest“, „Canope“) . Er wollte, dass der Hörer vergisst, dass das Klavier Hämmer hat, schwebend und leicht wie ein Sommerwind sollte die Musik klingen. Keine Erdenschwere, kein martialisch Konkretes, alles ist Erinnerungen, ein flüchtiges Streifen, das heraufbeschwören der Schönheit vergänglicher Impressionen.

 

Sheila Arnold hebt den besonderen Charakter der ähnlich inspirierten und doch so unterschiedlichen Klangwelten durch eine hochdifferenzierte Anschlagskultur, den Mut zum radikalem Experiment und eine persönliche Reverenzverbeugung vor der Kunst der drei Komponisten hervor. Ihr gelingt es aber auch, die Einheit im so Verschiedenen zu finden, hier Brücken zu schlagen und somit Hörgewohnheiten auf den Prüfstand zu stellen. Berückend auch, wie Sheila Arnold der Stille ihren Raum gibt, ja sie zum Klingen bringt und in uns zum Schwingen bringt. Aber Achtung: Für Musik als bloßen Wohlfühlfaktor wahrnehmende Esoteriker ist das Album kaum geeignet, wer sich „nur“ klangliche Streicheleinheiten erwartet, wird nicht bedient. Hören Sie wirklich zu!

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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