Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

CD: Sergej Rachmaninov Sinfonien 1 – 3- Die Toteninsel, Op. 29 Symphonische Tänze, Op. 45 Vocalise No. 14, Op. 34 Detroit Symphony Orchestra Leonard Slatkin, Leitung Naxos: 8.503278

09.03.2023 | cd

Sergej Rachmaninov

Sinfonien 1 – 3

Die Toteninsel, Op. 29
Symphonische Tänze, Op. 45
Vocalise No. 14, Op. 34

fcy

Detroit Symphony Orchestra
Leonard Slatkin, Leitung
Naxos: 8.503278

Am 01. April ist der 150. Geburtstag des großen Sergej Rachmaninov. Wie schön, dass das Label Naxos nun eine Gesamtaufnahme seiner drei Sinfonien mit dem Detroit Symphony Orchestra und dem Dirigenten Leonard Slatkin herausgibt. Slatkin, der so vielseitige Alleskönner, war zum Zeitpunkt der Aufnahmen Chef in Detroit. Immer wieder beschäftigte sich der amerikanische Maestro intensiv mit dem Oevre des russischen Komponisten, was sich auch in einer frühen Gesamteinspielung der Klavierkonzerte und Sinfonien mit dem Saint Louis Symphony Orchestra Ende der 1970er Jahre zeigte.

Was hat sich seither im Zugang von Slatkin geändert? Oder ist es doch nur eine Wiederholung im digitalen Gewand? Nein. Slatkin hat sich als Interpret weiter entwickelt und diese Aufnahmen sind, um es vorwegzunehmen, hervorragend!

1897 war ein Horrorjahr für Rachmaninov! Seine von ihm so geliebte erste Sinfonie erlebte eine desaströse Uraufführung, die den schockierten Komponisten völlig traumatisierte. Lange hatte er eine Schreibblockade. Viel Geduld, eine intensive Auszeit und tiefe Hypnose brachten das kompositorische Vertrauen zurück. Seine Partitur verschwand und tauchte erst 1944 wieder auf. Die Meinungen über diese Sinfonie gehen weit auseinander.

Slatkin nimmt in seiner Aufnahme das Werk ernst und poliert es auf Hochglanz. Hinzu kommen Schärfe und Klarheit, die diesem Werk viel Farbigkeit angedeihen lassen. Und doch ist es auf dieser CD die „Toteninsel“, die in ihrer dunklen Pracht, Orchester und Dirigent fulminant gerät. Das Detroit Symphony Orchestra spielt vorzüglich, elegant und zupackend.

Begeisternd ist Rachmaninovs Geniestreich seiner zweiten Sinfonie gelungen! Slatkins Dirigat ist äußerst spannend, spontan und impulsiv, aber auch formschön und hervorragend ausgestaltet.

Der erste Satz, drängend fließend, steigert sich zu einem gewaltigen Höhepunkt, unterstützt von grandiosem Blechbläserspiel. Das Scherzo ist sehr schnell und enorm spannend in seinen Kontrastwirkungen. Die Rückkehr zum Eröffnungsthema nach dem zentralen Fugato und dem Marsch ist herausragend gelungen. Slatkin lässt das Adagio endlos fließen, ohne dabei ins Stocken zu geraten. Das Finale ist einfach mitreißend, mit den Hörnern und Trompeten, die im Hauptthema treffend feierlich sind und den Streichern, die sich einmal mehr die Seele aus dem Leib spielen. Dazu ein offensives Schlagzeug. Eine Referenzaufnahme!

Die dritte Naxos-CD bietet Rachmaninovs letzte Werke. Heute stehen die Symphonischen Tänze regelmäßig auf dem Programm, obwohl die dritte Sinfonie nicht zum Standardrepertoire gehört.

Die dritte Sinfonie geht einen neuen Weg. Der erste Satz ist voller intensiver Melodien und Expressivität. Leonard Slatkin liefert hier das bestmögliche Argument für das Werk, indem er die Üppigkeit und den farbenfrohen Charakter betont. Beeindruckend ist Slatkins lyrische Tiefe im Adagio des mittleren Satzes. Slatkin fängt den festlichen Charakter des Finales mit energischem und sehr nuanciertem Spiel ein.

Auch in den Symphonischen Tänzen leisten das Detroit Symphony Orchestra und Slatkin hervorragende Arbeit. Dies ist ein besonderes Werk, welches Rachmaninow genauso gut eine Symphonie hätte nennen können. Der erste Satz hat viel geballte Energie und rhythmischen Schwung. Das lyrische langsame Thema wird vom Saxofon effektvoll exotisch behandelt und dann üppig von den Streichern wiedergegeben. Der Walzer des zweiten Satzes fasziniert hier mit seiner delikaten Dunkelheit, und das Finale beginnt mit einer spritzigen Unruhe. Das Dies Irae Thema erscheint, jetzt mit einem Gefühl von Ambivalenz und Bedrohung. Der ganze Satz ist großartig gespielt und Slatkin verleiht der Musik Spannung, während er auf viele wichtige Details eingeht, die sonst selten zu hören sind.

Das Detroit Symphony spielt hier durchweg auf Weltklasse-Niveau! Lebendig und sehr virtuos in allen Spielgruppen, eine Freude.

Die Tonwiedergabe ist exzellent, hochdynamisch und dazu hinreichend transparent.

Die beigefügten Beihefte sind lesenswert und bieten wertvolle Informationen.

Rachmaninovs Orchesterwerke wurden vielfach eingespielt. Selten gelang eine derart homogene Gesamtleistung mit einem so engagierten Orchester und einem impulsiven, kreativen Dirigenten, wie in diesen Aufnahmen von Naxos!

Eine schöne Ehrung für den großen Sergejewitsch!

 

Dirk Schauß, 09. März 2023

 

 

Diese Seite drucken