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CD SERGEJ PROKOFIEV – SYMPHONIEN MARIN ALSOP dirigiert das São Paulo Symphony; Naxos

30.04.2021 | cd

CD SERGEJ PROKOFIEV – SYMPHONIEN MARIN ALSOP dirigiert das São Paulo Symphony; Naxos

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Herzschlag vor Paukendonner – die wundersam referenziellen Prokofiev-Aufnahmen der Marin Alsop mit dem südamerikanischen Spitzenorchester liegen erstmals gebündelt vor

Seit September 2019 ist Marin Alsop Chefdirigentin des ORF Radio-Symphonieorchesters Wien in der Nachfolge von Cornelius Meister. Zudem ist sie Artist in Residence an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien, und damit die erste Frau, die Orchesterdirigieren unterrichtet.

Die vorliegende Publikation, die alle symphonischen Prokofiev-Aufnahmen der New Yorker Dirigentin mit dem 1953 gegründeten São Paulo Symphony Orchestra zusammenfasst, zeigt sehr gut, welchen Tugenden und nachtwandlerischer Musikalität Frau Alsop ihren erstklassigen Ruf in der Dirigentenlandschaft verdankt. Wirklich erstaunlich, wie die Orchestererzieherin Alsop den brasilianischen Tonkörper zu einem südamerikanischen Spitzenensemble formte. Gerade bei den avantgardistischen Tonschöpfungen des Sergej Prokofiev bedarf es neben einer formalen Strenge und einer rhythmisch maschinellen Präzision eines sublimen Klangsinns. Die gesamte, einem großen Orchester zur Verfügung stehende Klangpalette muss expressiv gestaltet und gleichzeitig im Aufspüren der spätromantischen Einflüsse nach innen hin feinst säuberlich abschattiert werden.

Mit etlichen Sätzen Prokofievs hatte ich wegen ihrer plakativen Exzentrik und grobmotorigen Härte meine liebe Not. Das lag offensichtlich nicht zuletzt an Interpretationen, die den Partituren noch eines mit dem Vorschlaghammer im Sinne eines launigen Brutalismus draufsetzten. Beim Durchhören der Symphonien in der Lesart von Marin Alsop ist mir der „Prokofiev-Knopf aufgegangen“. Warum? Weil der Hörer im Vergleich zu einem kalten Schwarz Weiß ein substantiell differenziertes Klangbild erleben darf, ja im Nachgang zu der leidenschaftlich rhythmischen Verspieltheit ein südliches Licht verspürt. Zu sowjetischem Triumphalismus bzw. ebensolcher Düsternis gesellt sich eine menschlichere Dimension, die etwa der schmerzlichen „Sechsten“ besonderen Tiefgang verleiht. Alsop kleidet in dieser Logik auch die markanten Konturen der „Zweiten“ in ein vielschichtiges Gesamtkonzept, das die komplexe und nicht leicht verdauliche musikalisch-politische Mixtur von scharf ausgereizten Grenzlagen in ein verständlicheres, gleichsam gemäßigteres Klima holt.

Das bedeutet aber nicht, dass Alsop einen soften Prokofiev anbietet. Vielmehr atmet die Musik und pulsiert organisch in all ihren emotionalen Extremen. Herzschlag vor Paukendonner sozusagen. Ersthören oder Wiederhören, die Beschäftigung mit der auch tontechnisch exzellenten Box ergibt ein völlig anderes Verständnis für Prokofievs Meisterwerke.

https://m.facebook.com/Naxos/videos/sergey-prokofievs-complete-symphonies-marin-alsops-complete-triumph-naxos-850603/152832123410219/?locale=de_DE

Anmerkung: Nach dem Ende ihres Vertrages in São Paulo wurde Marin Alsop Ehrendirigentin des Orchesters. 2019 wurde Marin Alsop vom Weltwirtschaftsforum mit dem renommierten Crystal Award ausgezeichnet.

Inhalt des 6 CD Sets

Symphonies Nos. 1 and 2 / Dreams 

Symphony No. 3 / Scythian Suite / Autumnal Sketch

Symphony No. 4 (revised 1947 version) / The Prodigal Son

Symphony No. 5 / The Year 1941

Symphony No. 6 / Waltz Suite

Symphony No. 7 / Lieutenant Kijé Suite / The Love for Three Oranges (excerpts)

Sinfonie 4/Der verlorene Sohn

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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