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CD SERGEI RACHMANINOFF: Sämtliche Werke für zwei Klaviere bzw. für ein Klavier vierhändig gespielt, GENOVA & DIMITROV; cpo

16.03.2020 | cd

CD SERGEI RACHMANINOFF: Sämtliche Werke für zwei Klaviere bzw. für ein Klavier vierhändig gespielt, GENOVA & DIMITROV; cpo

 

Zum 25-jährigen Bestehen des  Klavierduos Genova & Dimitrov 

 

Noch kein Album hat mich zur selben Zeit enttäuscht und doch phasenweise erstaunt wie dieses. Starten wir mit der „Prélude in cis-Moll“ aus den „5 Morceaux de Fantaisie“, Op. 3 Nr. 2 für zwei Klaviere des 26-jährigen Rachmaninoff. In diesem Stück starten die berühmten, seit 1995 in künstlerischer Partnerschaft verbundenen Klaviervirtuosen Aglika Genova und Liuben Dimitrov gemächlich, bis sie nach einer langen Steigerung wild in die Tasten bei vollen Pedalen hauen. Ergebnis: kurzfristig ein Klangmatsch. Dann geht es gesittet ins Finale.

 

Die „Rhapsodie auf ein russisches Thema“ in e-Moll mit ihrem folkloristisch melodischen Reigen zwischen träumerischer Duftigkeit und leicht plätschernden Tönen, die wie Regen auf ein Blechdach zu fallen scheinen, erklingen mit differenzierterem Anschlag, hochromantisch erfühlten Rubati und leider wieder einen Hauch zu viel Pedal. Wie das auch anders, simpler im Ton und tiefer empfunden gespielt werden kann, führen Brigitte Engerer und Oleg Maisenberg in der für mich eindrucksvollsten Einspielung dieses Stücks, 1989 bei harmonia mundi France 1989 erstmals erschienen, vor. 

 

Bei den „Suiten Nr. 1 und 2  für zwei Klaviere“ schwanken Aglika Genova und Liuben Dimitrov zwischen wundersam perlenden Tongirlanden, die teils zart wie zum Klang einer Kirchturmspieluhr wehen und rein gefällig pianistischer Bravour. Wir hören feingliedrig wie Blätter im ersten Frühling aufgespreizte Themen, dann wieder funkeln die Läufe sternengleich. Und dennoch, dennoch lugen die schönen Linien und Grate wie hinter einem Schleier durch einen zu nebelig verhallten Wohllaut hindurch. Der Schluss der Suite Nr. 1 wird so dramatisch expressiv aufgeladen wie Mussorgskys Bilder einer Ausstellung. 

 

Für mich entzündet die Musik Rachmaninoffs mit eher impressionistischen Farben ihr atmosphärisches Licht, manchmal schwatzt sie dahin, dann wieder übt sie sich in salonhafter Eleganz oder zückt die große theatralische Geste. Sicher, das Duo Genova & Dimitrov versteht es Bögen zu spannen, Kontraste in den Dienst der musikalischen Dramaturgie zu schärfen. Und sie werden auch ihre Anhänger finden, die sich mit dem technisch eindrucksvollen Spiel voll identifizieren können. 

 

Für mich bleiben am Ende die erwähnten fast deckungsgleichen Rachmaninoff-Aufnahmen von Engerer/Maisenberg aus 1988/89 künstlerisch erste Wahl. Sie wurden 2018 bei harmonia mundi Gold auf 2 CDs wieder veröffentlicht. Allerdings kann die neue Edition von cpo für sich in Anspruch nehmen, vollständiger zu sein und wartet zusätzlich noch mit dem „Capriccio bohémien über Gypsy Themen, Op. 12“ für Klavier vierhändig, der Symphonischen Dichtung „Der Felsen“ Op. 7 und dem eingangs erwähnten „Prélude Op. 3 Nr. 2“ auf.   

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

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