CD „SCHUBERT TROUTS“ – Forellenquintett und davon inspirierte Musik von Ferran Cruixent, Gerald Resch, Johannes X. Schachtner, Dejan Lazic und Osmo Tapio Räihälä – Cavi Music
Ganz naturverbunden gibt sich eine neue CD, wo ganze Forellenschwärme übermütig plantschen, wuseln, glitzern und ihre Luftpirouetten drehen, bevor sie im schützenden Bächlein untertauchen. Wer will denn schon gefangen werden oder am Angelhaken enden? Fünf Musiker rund um die Pianistin Silke Avenhaus (Lena Neudauer Violine, Danjulo Ishizaka Cello, Rick Stotijn Kontrabass und Wen-Xiao Zheng Viola) haben sich zusammengetan, um Schuberts „Forellenquintett“ exemplarisch aufzuführen, und dem fünfsätzigen Werk entsprechend fünf europäische Komponisten aus Spanien, Österreich, Deutschland, Kroatien und Finnland variantenreich zu Ton kommen zu lassen. Sie alle haben in individuellen Abwandlungen zum Forellen-Thema in Charakter und Tempo komplett verschiedene Stücke geschrieben, die sich „Cybervariationen“, „Teich und Quelle“, „Nachtrag zum Forellenquintett“, „Forellenteich“ oder einfach „Lichtwasser“ nennen.
Vielleicht ist es nicht unerheblich zu wissen, dass das als Inspiration für Schuberts Lied dienende Gedicht „Die Forelle“ von Friedrich Schubart in den Jahren entstanden ist, in denen der sozialkritische Dichter in der Festung Asperg – ohne Anklage, Anhörung oder Urteil – eingekerkert war. Wie der Fischer das schöne Fischlein nur fangen kann, weil er das Bächlein tückisch trübe macht, so hat der württembergische Herzog Schubart mit einem Trick auf sein Herrschaftsgebiet gelockt und eingesperrt. Ein ganz nun gar unidyllischer Fall absolutistischer Willkür.
Ich stimme mit der Analyse der Pianistin Avenhaus überein, dass auch das im Auftrag des Musikmäzens und Cellisten Sylvester Paumgartner geschriebene Quintett nicht ein bloß harmlos sonniges Stück Unterhaltungsmusik ist, sondern eine „Mischung aus Leichtigkeit und Melancholie“ mit einem insgesamt ambivalentem Gefühlsmodus verkörpert.
Als beste Schubertparaphrase gefällt mir der klingende Beitrag des Katalanen Ferran Cruixent. Er nennt seine Komposition zwar „Cybervariationen“ mit eingangs musizierenden Mobil-Apps. Falls der Hörer das nicht weiß, wird er nichts davon merken, sondern der langsamen Themen-Entwicklung wie beim Rheingold fasziniert folgen. Eine „tönende Ursuppe“ mit Forelleneinlage gewissermaßen. Der Österreicher Resch wiederum wandelt das Forellenthema Schuberts vom 2/4 Takt in einen ¾ Takt. Die lustige Forelle darf also nach bester Wiener Art einen flotten Walzer aufs Wasser legen. Der Finne Riähälä nennt sein Stück „Kirkasvetinen“ nach einem besonders klaren See im Nordosten Finnlands, ein „Lichtwasser“, wo es Forellen gibt und der Komponist autobiographisch von seinem einzigen Fang erzählt. Motivische Bezüge zu Schubert fehlen zwar, der Tonsetzer bezieht sich aber harmonisch auf dessen Werk.
Fazit: Ein Album, großartig musiziert und in der klugen Verknüpfung von Frühromantik mit Zeitgenössischem das frische Hörerlebnis in seiner Intensität assoziativ verdichtet. Einfacher gesagt: Garantiert bio und dennoch gschmackig.
Dr. Ingobert Waltenberger