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CD SCHUBERT Symphonie Nr. 5, BRAHMS Serenade Nr. 2 – JOHN ELIOT GARDINER dirigiert das Orchestre Révolutionnaire et Romantique

Live Mitschnitt aus dem Concertgebouw Amsterdam 19.11.2016, SOLI DEO GLORIA

18.10.2018 | cd

CD SCHUBERT Symphonie Nr. 5, BRAHMS Serenade Nr. 2 – JOHN ELIOT GARDINER dirigiert das Orchestre Révolutionnaire et Romantique; Live Mitschnitt aus dem Concertgebouw Amsterdam 19.11.2016, SOLI DEO GLORIA

 

Ein Konzert wie ein perfekt gemixter Gin-Tonic. So wie das Modegetränk perlt, prickelt und zischt die Musik berauschend schön ins Ohr, der leicht herb-würzige Ton lässt die angenehme Süße der melodischen Fluten mächtig aufploppen. John Eliot Gardiner ist ja schon längst nur nicht mehr auf Bach spezialisiert, wenngleich er um das Werk des Thomaskantors Heldenhaftes nicht nur im Studio geleistet hat. Besonders erfreulich waren daneben etwa seine Einspielungen der „Lustigen Witwe“ mit den Wiener Philharmonikern, oder seine Berlioz-Interpretationen mit dem großartigen 1990 gegründeten Orchestre Révolutionnaire et Romantique.

 

Auf der vorliegenden CD sind Schuberts fünfte Symphonie mit der zweiten Serenade von Brahms gekoppelt (Beethovens viertes Klavierkonzert mit Kristian Bezuidenhout, das auch im Konzert erklang, wurde nicht veröffentlicht). Wir haben es mit zwei frühen Werken zu tun, die in der Tradition der Wiener Klassik verankert sind, aber doch schon vom spezifisch romantischen Genie ihrer Schöpfer zeugen. John Eliot Gardiner landet einen musikantischen Volltreffer mit diesen auf seinem eigenen Label „Soli Deo Gloria“ (Zitat, mit dem J.S. Bach seine Werke gezeichnet hat) veröffentlichten Rundfunkmitschnitten aus Amsterdam. Gardiner spürt den Zaubertönen, die Schubert als „Abdrücke eines lichten besseren Lebens“ beim Anhören von Mozarts Musik empfand, in seiner Interpretation der fünften Symphonie mit all den artikulatorischen Finessen einer gemäßigten Originalklangbewegung nach. Klein besetzt wie die g-Moll Symphonie, KV 550, Mozarts (keine Klarinetten, Trompeten oder Pauken), lässt Gardiner die Instrumentengruppen kammermusikalisch miteinander plaudern und schwatzen. Schwebend duftig, ein klein wenig wie vom Heurigen beschwipst, aber auch rhythmisch tänzerisch voller Optimismus und Zuversicht stürmt diese Symphonie voran bis zum Finale, das Alfred Einstein als das „Reinste, Rundeste und Ausgewogenste, was Schubert auf instrumentalem Gebiet bisher geschrieben hat“, bezeichnete.  Gardiner kostet diesen Triumph symphonischer Meisterschaft in allen Zwischentönen aus.

 

Wunderbar genießerisch erklingt auch die so eigen besetzte, zweite Serenade von Johannes Brahms. Das fünfsätzige Werk kommt nämlich ganz ohne Violinen aus und orientiert sich an den klassischen Divertimenti und Serenaden Mozarts. Wegen des Fehlens der Geigen müssen die Holzbläser die melodische, teils auch die harmonische und kontrapunktische Führung übernehmen. Der junge Brahms zeigt sich hier von seiner verspielten, ja sogar spitzbübischen Seite, ohne das Nachdenklich und Schwärmerische ganz verleugnen zu können. Beim Adagio hatte Clara Schumann die Empfindung, „die Staubfäden einer selten schönen Blume einzeln zu betrachten“, manche Musikfreunde wollen hier bereits den künftigen Mahler voraus hören. Gardiner versteht es besonders, das Menuett mit elegantem Hüftschwung zu servieren und das gefühlvolle Werk mit feinen  asymmetrischen Rundungen wie bei japanischen Grafiken zu versehen. Das Orchester charmiert mit dunklen Klangfarben und bisweilen mit forschem Zugriff.  

 

Auch die Aufnahmetechnik lässt nichts zu wünschen übrig. Eine herzerwärmende Empfehlung für die kühle Jahreszeit.

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

 

 

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