CD: ROYAL HANDEL – Eva Zaïcik, Le Consort
Ein absolut überzeugendes musikalisches Porträt der ersten Royal Academy of Music
Unter dem Titel «Royal Handel» legen die französische Mezzosopranistin Eva Zaïcik und das Ensemble Le Consort beim Label Alpha Classics ein absolut überzeugendes musikalisches Porträt der ersten Royal Academy of Music als Ort des musikalischen Überschwangs und des kreativen Aufschwungs vor.
Die Oper hatte es in ihren Anfängen, anders als in Kontinentaleuropa, schwer sich in England durchzusetzen. Der gesungene Dialog, der die Oper konstituiert, wollte dem Publikum nicht verständlich werden und galt Verletzung des Gebots der dramatischen Wahrscheinlichkeit. Der Erfolg von Purcells Semi-Operas, die Anreicherung der für das englische Schauspiel charakteristischen Mischung von gesprochenem Dialog und eingestreuten musikalischen Nummern mit weiteren musikalischen Elementen, blieb singulär. Weder wurde eine genuin englische Oper geschaffen, noch gelang es in London die italienische Oper zu installieren. Als Händel Ende 1710 in London eintraf, versuchten wagemutige Unternehmer erneut die italienische Oper in London heimisch werden zu lassen. Händel feiert mit seiner ersten Londoner Oper «Rinaldo» einen Triumph, den er mit den Folgewerken «Il pastor fido», «Teseo» und «Amadigi di Gaula» nicht wiederholen konnte.
Nach einigen Jahren Pause versammelten sich im Februar 1719 über sechzig Adlige und Bürgerliche um, mit dem Ziel die italienische Oper in London heimisch werden zu lassen, eine Aktiengesellschaft zu gründen. Noch bevor Händel im Herbst zum Orchesterleiter berufen wurde, reiste er im Frühling und Sommer nach Deutschland und Italien um im Auftrag der Aktiengesellschaft, der Royal Academy of Music, Sänger zu engagieren. Unterdessen engagierte der Vorstand der Royal Academy of Music zwei Komponisten direkt aus Italien: Attilio Ariosti aus Bologna und Giovanni Battista Bononcini aus Modena. Konnten Ariosti und Bononocini anfänglich noch Überraschungserfolge verbuchen, dominierte bald Händel mit seiner von Italien, Deutschland, Frankreich und England beeinflussten Musiksprache und Werken wie «Giulio Cesare in Egitto», «Tamerlano», «Rodelinda» und Alessandro» die Academy. Mit dem Erfolg stieg auch der Widerstand gegen die neue Kunstform, der sich 1728 mit der Beggar’s Opera John Gays Luft verschaffte und der Academy das Genick brach.
Die junge französische Mezzospranistin Eva Zaïcik (*1987) studierte Gesang am Conservatoire national supérieur de musique et de danse de Paris und arbeitete seit ihrem Debut 2014 mit Ensembles wie Les Arts Florissants, Les Talens Lyriques, Le Poème Harmonique und Le Consort zusammen. Zaïciks Vortrag ist geprägt durch die souveräne Beherrschung ihrer Stimme und Verbindung einer bombensicheren Höhe mit einer äusserst ausdrucksstarken Mittellage. Ihr Mezzo besitzt ein wunderbar samtiges Timbre und begeistert bei perfekter Diktion Leichtigkeit in schnellen Passagen und mühelosen Phrasierungen. Die Darstellung der verschiedenen barocken Affekte in den Arien Ariostis und Bononcinis (alle drei aufgenommen Arien sind Weltersteinspielungen) und Arien aus Händels «Flavio», «Admeto, « Siroë», «Tolomeo» und «Floridante», «Ottone», «Radamisto» und «Riccardo».
Le Consort ist Zaïcik ein absolut würdiger Begleiter und begeistert mit quirlig-lebendigem, farbenfrohem Spiel.
Händel vom Allerbesten!
10.01.2021, Jan Krobot/Zürich