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CD RICHARD STRAUSS: DIE SCHWEIGSAME FRAU – Auszüge; BR-Klassik Studioproduktion vom Mai 1960 München

01.04.2024 | cd

CD RICHARD STRAUSS: DIE SCHWEIGSAME FRAU – Auszüge; BR-Klassik

Studioproduktion vom Mai 1960 München

wallk

„Wie schön ist doch das Leben, aber wie schön erst, wenn man kein Narr ist und es zu leben weiß“. Sir Morosus, einst Admiral seiner Majestät des englischen Königs

Ein persönlich willkommenes Geschenk eines Opernfreundes zu Weihnachten 1981 waren sie, die LPs mit dem Live-Mitschnitt von Richard Strauss‘ „Die schweigsame Frau“ von den Salzburger Festspielen vom 8.8.1959 unter der musikalischen Leitung von Karl Böhm u.a. mit Güden, Wunderlich, Hotter, Milinkovic, Prey, Dönch und Pernersdorfer (5. Teil einer Melodram-Edition der Bühnenwerke von Richard Strauss). Leider stark gekürzt, wie damals so üblich. Wer also eine ungekürzte Version haben will, dem sei die einstige EMI-Aufnahme mit Marek Janowski ans Herz gelegt.

Nun ist es ein Geschenk von BR-Klassik zum 75. Jubiläum des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks 2024 an alle, die den einen oder den anderen Star der exquisiten Besetzung mögen oder einfach – wie ich – diese Strauss-Oper höher schätzen als es die nach wie vor knappe Aufführungsfrequenz oder die wenigen Schallplattenaufnahmen nahelegen würden.

Umso erfreulicher daher, dass aus Anlass des ehrwürdigen Jubiläums musikalisch wertvolle, bisher unveröffentlichte Archivschätze erstmals auf CD und als Stream zugänglich gemacht werden. So wie diese knapp 50 Minuten (und damit um zwei Drittel der Oper gekürzten) Ausschnitte aus Richard Strauss‘ komischer Oper „Die schweigsame Frau“ auf ein Libretto von Stefan Zweig (nach Ben Jonsons Komödie „Epicoene, or The Silent Woman“).

Zuerst ein kleiner Einwand: Die Auswahl der Ausschnitte aus dieser Spieloper für eine Fernsehproduktion (wichtige Szenen wie der Großteil der so unterhaltsamen Szenen Aminta/Morosus aus dem zweiten Akt oder der ganz dritte Akt mit dem fein ironisierenden Schlussmonolog des Sir Morosus ‚Wie schön ist doch die Musik, aber wie schön erst wenn sie vorbei ist‘, wurden nicht berücksichtigt) ist seltsam. Jedoch bietet gerade das, was vom in Sachen Richard Strauss äußerst berufenen Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter der quicken wie präzisen musikalischen Leitung von Heinz Wallberg, und ebenso luxuriös auf vokaler Ebene zu hören ist, seien es die kammermusikalisch servierten instrumentalen Finessen, die kunstvoll dialogisierenden als auch die hitzigen Ensembleszenen, komische Oper vom Besten und Feinsten.

Gerade dass Strauss in „Die schweigsame Frau“ bewusst eine melodiöse Schlichtheit feierte, handwerklich geschickt Turbulenzen vom Zaum lassen konnte, bewusst musikhistorisch stilistisch bzw. thematisch geschickt Gewähltes aus eigenen Opern („Der Rosenkavalier“), der Barockzeit (Monteverdi, Legrenzi; Fitzwilliam Virginal Book) über Mozart und Weber bis zur italienischen Belkantooper (Rossini) lieh und sich anverwandte, macht „Die schweigsame Frau“ zu einem Gustostück nicht nur für Kenner.

Die Aufnahmequalität von Opern ist, wie stets beim BR, schon in den 60er Jahren besser gewesen als vieles von dem, was heute auf den Markt kommt. Besonders fallen in dieser Analog-Aufnahme die Natürlichkeit und Präsenz der Wiedergabe der Stimmen und die gelungene räumliche Balance zwischen großem Orchester und der Sängerschaft sehr positiv auf. All dies erlaubt einen Hörgenuss der Sonderklasse, zumal auch die Besetzung vielleicht sogar mehr hält, als sie verspricht.

Ein Fest der schönen Stimmen: Die Studiobesetzung entsprach mit dem in dieser Charakter-Rolle eines verschrobenen Engländers vorzüglichen Hans Hotter (Sir Morosus), dem jungen draufgängerischen Hermann Prey (Barbier), dem strahlenden Fritz Wunderlich (Henry Mosorus) und Josef Knapp (Morbio) in wichtigen Rollen derjenigen aus Salzburg 1959. Nur sind sie hier im Vergleich zum akustisch bescheidenen Live-Mitschnitt ohne Nebengeräusche zu erleben. Anders als in Salzburg sind Ingeborg Hallstein als Aminta (klingt glockenhell leicht, gefällt mir in dieser Rolle besser als Hilde Güden), Lilian Bennigsen als Haushälterin, Eva Maria Rogner als Isotta, Marianna Radev als Carlotta, Karl Christian Kohn als Vanuzzi und Karl Hoppe als Farfallo für die Schallplatte angetreten und belegen einmal mehr das sängerische Spitzenniveau, mit dem damals in München Oper gemacht wurde.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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