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CD Reihe GRAMOLA IKONEN – Jubiläumsedition zum 100. Geburtstag des Labels

12.12.2024 | cd

CD Reihe GRAMOLA IKONEN – Jubiläumsedition zum 100. Geburtstag des Labels

„Diese Serie maßstabsetzender Aufnahmen dient der Idee, Einspielungen, die durch ihr Alter nicht mehr im Fokus der musikinteressierten Öffentlichkeit stehen und die andererseits in hervorragender Analogtechnik aufgenommen wurden, vor dem Vergessen zu bewahren. Diesen großen Ikonen der Tonträgergeschichte den ihnen gebührenden Ganz wieder zu geben, ist unser erklärtes Ziel.“

Unter Ikonen I waren sechs Veröffentlichungen angekündigt, allesamt sind erfreulicherweise schon erhältlich:

Richard Strauss: Also sprach Zarathustra, Till Eulenspiegel, Don Juan – Wiener Philharmoniker; Herbert von Karajan

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 Antonín Dvořák/Béla Bartók: Sinfonie Nr. 9 Aus der neuen Welt, Konzert für Orchester – Chicago Symphony Orchestra; Fritz Reiner

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Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 9 – Hilde Güden, Sieglinde Wagner, Anton Dermota, Ludwig Weber, Wiener Philharmoniker, Erich Kleiber

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Modest Mussorgsky/Maurice Ravel: Bilder einer Ausstellung, Orchesterfassung, Klavierfassung – Chicago Symphony Orchestra; Fritz Reiner, Sviatoslav Richter

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Bedrich Smetana: Ma Vlast (6 Sinfonische Dichtungen) – Wiener Philharmoniker; Rafael Kubelik

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Hector Berlioz/Joaquín Rodrigo: Symphonie fantastique, Concierto de Aranjuez – Orchestre du Conservatoire Paris; Narciso Yepes Gitarre, Ataúlfo Argenta

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Laut Website wurde die Firma GRAMOLA im Jahr 1924 als Einzelhandelsunternehmen und Vertrieb von „Gramola“, einem englisch-tschechischen Plattenlabel, das infolge der Weltwirtschaftskrise 1929 im Folgejahr zugrunde gegangen ist, und „His Master’s Voice“ gegründet. Durch den damaligen Vertrieb dieses Labels ist eines der 16 weltweit existierenden Originalbilder des legendären, der Stimme seines Herrn lauschenden Hundes „Nipper“ noch heute im Stammhaus am Graben zu besichtigen. Das Unternehmen ist heute das älteste Tonträgergeschäft Österreichs und arbeitet inzwischen als Familienbetrieb in der vierten Generation. Das Geschäftslokal in Wien am Graben ist ein Jugendstiljuwel nach Dagobert Peche.

Alteingesessene Plattensammler pilgern zum Graben, Touristen bestaunen die mit den neuesten Veröffentlichungen bzw. Raritäten dekorierten Auslagen, um zu stöbern, in Aufnahmen hineinzuhören, sich beraten zu lassen und natürlich die eine oder andere CD/DVD/Blu-ray oder Schallplatte mitzunehmen. Gramola am Graben hält gemeinsam mit dem Musikhaus Doblinger und der jüngeren DaCapo Klassik & Jazz GmbH in der Seilergasse noch stramm die Stellung im ausgedünnten Reigen der alteingesessenen Wiener Klassik-Tonträgerfachgeschäfte, die diesen Namen auch verdienen. Im einstigen EMI-Shop in der Kärntnerstrasse „residiert“ nun zeitgeistiger die Cannabis World Vienna und auch die starken Erinnerungen an den legendären Laney Lewis im schon längst geschlossenen „Caruso“ in der Operngasse 4, damals berühmt-berüchtigt für seine unglaubliche Expertise wie seine Launen, werden nur noch von wenigen „Sammlern aus Leidenschaft“ geteilt.

Für allzu große Nostalgie ist aber kein Platz. Denn solange das Gramola „Urgestein“ Richard Winter, der wie wenige andere weltweit mit Hingabe, Idealismus, Leidenschaft und Sachkenntnis – und das schon seit Jahrzehnten – als Synonym für Klassik in höchster Qualität steht, die Geschicke der Firma mit innovativem Geschäftssinn wie untrüglichem Gespür für Musik und ihre immer wieder neu zu entdeckenden Interpreten leitet, ist ein Stück dieses klassisch-musikalischen Universums noch in Ordnung.

Gramola steht aber nicht nur für den wunderbaren Plattenladen am Graben und das großartige Label, sondern ist zudem im Vertrieb von CDs und DVDs als österreichischer Generalvertreter von Hyperion, Chandos, Coro, Farao, Supraphon, Arthaus, MDG, Audiomax, Tudor, Signum, Genuin, Fra Bernardo, SDG, Hänssler Classic, Profil Hänssler, Cedille, Gimell, King’s College Choir, Klanglogo, LSO, Mariinsky, Seventh Art, Cantaloupe, The Sixteen, Toccata, Zweitausendeins Edition, Canary Classics, Buda Records und Cascavelle aktiv.

Die Pflege legendärer Aufnahmen waren seit jeher und sind ein Teil der Geschäftsphilosophie von Gramola. In meiner Sammlung finden sich Schätze wie etwa der berühmte „Boris Godunov“ mit George London, dem Bolshoi Theatre Orchestra unter der Leitung von Alexander Melik-Pashayev (4 LPs) und natürlich die Gesamtaufnahme aller Beethoven Klaviersonaten mit Friedrich Gulda in Gramola Editionen im Regal.

Nun sind es die Gramola-Ikonen, die unsere ganze Aufmerksamkeit verdienen und die ich besonders jungen Klassikbegeisterten ans Herz legen möchte. Denn was es da an überragenden Interpretationen zu entdecken gibt, wird wahrscheinlich für viele Interessenten wahrlich unerhört sein. Die Eigenduftmarken und der interpretatorische Mut großer Dirigenten und Solisten waren in den 50-er und frühen 60-er Jahren nämlich oftmals ausgeprägter als das heute der Fall ist.  

Dazu kommt, dass aufnahmetechnisch monaurale Analogaufnahmen dieser für mich persönlich Goldenen Ära der Schallplatte mit einer Natürlichkeit des Klangs/der Stimmen sowie unmittelbar packenden Emotionen aufwarten, wie sie sonst nur im Konzertsaal live erlebbar sind. Die unfassbar mitreißenden Strauss-Aufnahmen Karajan /Wiener Philharmoniker (März 1959, Juni 1960) oder die beiden Fritz Reiner Alben Mussorgsky „Bilder einer Ausstellung“ (Chicago 1957) und Dvořák „Aus der neuen Welt“ bzw. Bartoks „Konzert für Orchester“ (November 1957, bzw. Oktober 1955) haben Ewigkeitswert und sind in ihrer künstlerischen Substanz kaum überbietbar. Aber nicht nur das. Zum Klang dieser Aufnahmen weiß Gramola ebenfalls Substanzielles zu berichten:

„Wenn es in den Fünfziger- und Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts einen guten Grund gab, teure Stereoanlagen zu kaufen, dann waren es die hervorragenden Aufnahmen der europäischen Decca, die RCA Living Stereo Aufnahmen, die Mercury Living Presence Aufnahmen und die Columbia Aufnahmen aus den USA. Auch die frühen Aufnahmen der Deutschen Grammophon Gesellschaft, vielfach aufgenommen in der Gedächtniskirche Berlin, sollten in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden.

Der schon in den Dreißigerjahren geprägte Ausdruck „High Fidelity“ wurde erst mit diesen exzellenten Einspielungen seinem eigentlichen Anspruch gerecht, weshalb diese Aufnahmen auch ihre Bedeutung als Qualitätsmaßstab jahrzehntelang beibehielten. Hier wurden sowohl künstlerische wie auch technische Ansprüche auf höchstem Niveau erfüllt. Seit damals werden in Rezensionen als Bewertungskriterien künstlerische und technische Qualitäten getrennt beurteilt. Wir haben in unserer kleinen Serie ausschließlich Aufnahmen versammelt, die in beiden Kriterien Bestnoten verdienen.“

Fazit: „Wunder der Interpretation“ – Bei „Gramola-Ikonen“ handelt es sich um eine überaus empfehlenswerte Serie, die (teils längst aus den Katalogen verschwundene) in jeglicher Hinsicht zu Recht legendäre Aufnahmen in gediegen und liebevoll gestalteten Covern wieder zu vernünftigen Preisen anbietet. Zugreifen, so lange der Vorrat reicht!

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

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