CD „RACHMANINOV for TWO“ – SERGEI BABAYAN und DANIIL TRIFONOV spielen Werke für zwei Klaviere, Deutsche Grammophon
Die Jubiläen des russisch kosmopolitischen Komponisten 2023 (geboren am 1. April 1873, gestorben am 28. März 1943) sind zwar schon vorbei, aber die Werke für zwei Klaviere sind als ‚noch immer Raritäten‘ auf jeden Fall eine Begegnung wert. Zumal in dieser auf zwei CDs verteilten Edition erstmals das Adagio aus der zweiten Symphonie in e-Moll Op 27 in einem Arrangement von Trifonov für zwei Klaviere zu hören ist. Das Programm umfasst noch die Suiten für zwei Klaviere Op. 5 und Op. 17 sowie die Symphonischen Tänze Op. 45 in einer Version für zwei Klaviere.
Die zwei Suiten sowie die Tänze Op. 45 sind mir in einer sehr geschätzten, die Harmonien in ihren verzehrenden Rhythmen und den tänzerisch poetischen Grund sachlich elegant ausleuchtenden Interpretation von Brigitte Engerer und Oleg Meisenberg bekannt (harmonia mundi France 1988, 1989).
Da werden die der in Sehnsucht badenden „Barcarole“ in g-Moll (Suite 1 „Fantasiebilder“ vom Sommer 1893 aus Lebedin) zugrunde liegenden Verse des Michail Lermontov, die der Musik ihre Note gebenden Worte des Lord Byron in „Oh Nacht, oh Liebe“ mit der Imitation flügelschwingender Nachtigallen, die lautmalerisch mit dem Glockengebimmel des Doms von Nowgorod verbrämten „Tränen“ nach Fjodor Ivanovich Tyuchev und „Ostern“ (Heilige Nacht) nach einem Gedicht von Alexej Stepanovich Komyakov mit feiner Klinge und Klarheit, gewürzt mit elegischer Zurückhaltung, tonmalerisch in Szene gesetzt.
Die Suite Nr. 2 mit der Tarantella als viertem Satz hat der Komponist nach der schweren Enttäuschung infolge der kritischen Aufnahme der ersten Symphonie während eines Italienaufenthalts begonnen. „Jeder der vier Sätze ist auf seine Weise typisch für Rachmaninovs ausgereiften Stil, der die in einer einzigartigen Gabe für großzügige, poetische Melodik, getragen von üppigen Harmonien, dichter Klangstruktur und lebhafter Rhythmik zutage tritt.“ Juilan Haylock.
Daniil Trifonov und Sergei Babayan, beide technisch hervorragende und polystilistisch versierte Virtuosen, sind vom Anschlag her dramatischer unterwegs, sie schärfen spannungsgeladen die emotionalen Kontraste im aufwühlenden Duett der Tasten und hantieren, wenn es angebracht ist, auch mal mit dick gespachtelten Ölfarben. Auch das Pedal bekommt seine nicht allzu knappen Einsätze. In der ‚Barcarole‘ lassen die beiden ein glitzernd wimmelndes Glühwürmchengeschwader auf den Hörer niedersausen. Fulminat und vom Hocker reißend gelingt der dritte Satz der Symphonischen Tänze Op. 45 mit seinem ‚Dies-irae-Motiv‘ und avantgardistisch gehämmerten Akkorden. Die spätere Orchesterpremiere fand am 3.1.1941 in Philadelphia unter Eigene Ormandys musikalischer Leitung statt.
Empfehlung!
Dr. Ingobert Waltenberger