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CD: PAUL WRANITZKY: Orchestral Works • 4 – Czech Chamber Philharmonic Orchestra Pardubice, Marek Štilec

12.04.2022 | cd

CD: PAUL WRANITZKY: Orchestral Works • 4 – Czech Chamber Philharmonic Orchestra Pardubice, Marek Štilec

Ein mährisches Waldmädchen

Stilec,marek/czech Chamber Po Pardubice Orchestral Works,Vol.4

Der am 30. Dezember 1756 im mährischen Neureisch (heute: Nová Říše) geborene Komponist und Dirigent Paul Wranitzky und sein jüngerer Halbbruder Anton (1761-1820) spielten im Musikleben Wiens im ausklingenden 18. Jahrhundert eine bedeutende Rolle. Nach seiner ersten musikalischen Ausbildung im Prämonstratenserkloster seiner Heimatstadt und Studien in Iglau (heute: Jihlava) und Olmütz (heute: Olomouc) kam Wranitzky 1776 nach Wien, um auf Wunsch seiner Eltern Theologie zu studieren. Hier fasste er rasch Fuss und wurde Musikdirektor am theologischen Seminar und 1783 Musikdirektor beim Grafen Johann Baptist Esterházy de Galántha, einem Verwandten der in Eisenstadt residierenden Esterházys. Auf Empfehlung des Grafen wurde Wranitzky Mitglied der Loge «Zur gekrönten Hoffnung» und mit der Zusammenlegung von drei Wiener Logen im Jahre 1785 Logenbruder Mozarts. Im Rahmen der Loge lernte Wranitzky 1783 auch Joseph Martin Kraus (1756-1792) kennen, als sich dieser in Wien aufhielt. Ob der bereits arrivierte Komponist ihn nur ermunterte oder auch Unterricht erteilte, ist nicht überliefert. 1785 wurde Wranitzky Musikdirektor am Kärntnertortheater, 1787 dann auch am Burgtheater. Beide Positionen behielt er bis zu seinem Tod. Wranitzkys erstes Bühnenwerk, das Singspiel in drei Akten «Oberon, König der Elfen» wurde am 7. November 1789 im Freihaustheater von der Truppe Emanuel Schikaneders uraufgeführt. Der Erfolg war so gross, dass Schikaneder in der Folge mehrere Märchenopern produzierte, unter denen Mozarts Zauberflöte wohl die Bekannteste ist. Die Popularität von Wranitzkys Singspiel war bis Carl Maria von Webers Oberon von 1826 ungebrochen. Von 1794 bis 1807 war Wranitzky Sekretär der Tonkünstler-Societät, er feierte Erfolge als Dirigent und war der bevorzugte Komponist der Kaiserin Maria Theresia. Am 26. September 1808 starb Wranitzky in Wien. Sein Schaffen, mit 45 überlieferten Sinfonien war er in den 1790ern der auf diesem Gebiet führende Komponist, stand bald im Schatten jenes seiner Freunde Mozart, Haydn und Beethoven.

Für die vierte Aufnahme der Reihe «Tschechische Meister in Wien» hat sich Marek Štilec die Ballett-Pantomime «Das Waldmädchen» und «Pastorale und Allemande» ausgesucht.

Die am 23. September 1796 im Kärtnertortheater uraufgeführte Ballett-Pantomime «Das Waldmädchen» war im Wien des späten 18. Jahrhunderts mit über 130 Aufführungen in nur wenigen Jahren eines der beliebtesten Bühnenwerke. Rasch entstanden, ein untrügliches Zeichen für die Popularität des Werks, Bearbeitungen für verschiedene Kammermusik-Ensembles und Bearbeitungen des russischen Tanzes «Kamarinskaya» durch andere Komponisten wie Beethoven oder von Weber. Die liebliche pastorale Handlung mit Prinz, Prinzessin, Jagd, Ball im Schloss und die leichte, zauberhafte Musik lassen «Das Waldmädchen» als Archetyp des romantischen Balletts im 19. Jahrhundert erscheinen.

«Pastorale und Allemande» ist eine jener zahlreichen Kompositionen Wranitzkys, die nur in der privaten Sammlung der Prinzessin Maria Theresia Karolina Giuseppina von Neapel und Sizilien, Gattin Franz II., überliefert ist. Wranitzky war einer ihrer Lieblingskomponisten und wurde so von ihr immer wieder mit Kompositionen zu höfischen Feierlichkeiten und privaten Soireen beauftragt.

Das Czech Chamber Philharmonic Orchestra Pardubice unter Leitung von Marek Štilec musiziert erneut höchst aufmerksam, farbig und spielfreudig und setzt die «romantische Wiener Klassik» aufs Prächtigste um. Die Spannung und die hörbare Spiellaune halten die ganze Aufnahme hindurch.

Herrliche Musik!

12.04.2021, Jan Krobot/Zürich

 

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