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CD / Olivier Messiaen: „TURANGALILA-SYMPHONIE“ OEHMS-CLASSICS OC 472

20.09.2020 | cd

CD / Olivier Messiaen: „TURANGALILA-SYMPHONIE“

OEHMS-CLASSICS OC 472

Als einer der eigenwilligsten Komponisten des 20. Jahrhunderts gilt zweifelsohne Olivier Messiaen (1908-1992) welcher wohl in seinem Schaffen zunächst auf die klangliche Überwältigung der Hörer zielte. Davon künden seine überdimensionierte Oper „Saint Francoise d´Assise“ und natürlich  seine „Turangalila-Symphonie“ mit ihren zehn Sätzen. Der Titel entstammt dem Sanskrit des indischen Sangita Ratnakara eines rhythmischen Musters im 13. Jahrhundert. Nach eigenen Worten Messiaens wollte er in einer Art „Liebesblume“ in seinem Werk die himmlische und irdische, geistige wie sinnliche Liebe vereinen. Nun geschieht dies in Überlänge von knapp 80 Minuten umfassend, lassen wir der Phantasie freien Lauf und erleben variable Versionen u.a. Kamasutra-Raffinessen, jedoch Momente geistiger Liebe konnte ich in diesen Tonmassen keineswegs vernehmen. Nun wollten sich auch meine von Bruckner-Mahler-Strauss-Dimensionen verwöhnten Ohren nur bedingt auf diese quantitativen Klangmassen einstellen. Den Live-Konzerten dieser Aufnahme konnte ich im November 2019 nicht beiwohnen und so nahm ich heute die Abwesenheit meines Nachbarn gewahr und ließ meine vier Boxen in Konzertstärke erschallen.

Am Pult der Musikalischen Akademie des Nationaltheater Orchesters waltete GMD Alexander Soddy auf bewundernswerte Weise. Dieses Werk gilt als Herausforderung eines jeden Dirigenten und Orchesters, Soddy nahm sie an und bestand. Auf hohem Qualitäts-Level spielte das NTM-Orchester auf, in idealer Partnerschaft fügten zudem Tamara Stefanovich (Klavier) sowie Thomas Bloch (Ondes Martenot) ins musikalische Getümmel und rückten die teils unbegreiflichen komplizierten Strukturen der Partitur in lichte Ausdrucksformen. Ton für Ton, Rhythmus für Rhythmus und Klang für Klang entwickelte Soddy mit seinem Instrumentarium die überbordenden Fortissimo-Orgien. Nun hier gerieten so manche Phrasen, typisch nach Maestros Manier in ihrer Überdimensionierung aus dem Ruder, Soddy wie er leibt und lebt und wie man den GMD aus Oper und Konzert bisher meist kannte. Doch nichts dessen zum Trotze Soddy förderte unglaublich sangliche Details zutage, beschränkte sich nicht auf kühle Analysen sondern verlieh der Musik eine geradezu rauschhafte Vitalität. Großartig folgte das Orchester in allen Instrumental-Gruppen den Intentionen seines Taktgebers.

Traumhaft getragene Phrasierungen während der Sätze Chant d´amour I + II sowie Jardin du sommeil d´amour umschmeichelten die Ohren, in konträren Verläufen wie u.a. Introduction – Turangalila I + II- Final um nur wenige besonders fulminante Quintessens zu beleuchten, brachten die Gehörgänge in Wallung. Im breiten Farbspektrum der orchestralen Fusionen hoben sich prächtig integriert die nuancierten Klavier-Soli sowie das Ondes Martenot hervor welches der abendländischen Musik verwegene Polyrhythmen fernöstlichen Flairs in eigenwilligen Klangkombinationen einverleibte. Mit unglaublichen Spannungen versehen montierte der Komponist exzessiv Orgiastisches in stetem Wechsel mit leidenschaftlicher subjektiver Melodik.  Soddy mit dem NTM-Orchester setzte zu all dem nuanciert und bestens differenziert interpretiert die gegensatzreiche Ausdrucksscala von grandioser Monumentalität. Chapeau !

Gerhard Hoffmann

 

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