CD: NULLA IN MONDO PAX – Pandolfis Consort, Aleksandra Zamojska, Michal Stahel
«Es gibt keinen sicheren Frieden auf der Welt»
Venedig gilt der grossen Mehrheit als Stadt des Karnevals, so, wie einer seiner berühmtesten Komponisten der grossen Mehrheit als der Erfinder des Instrumentalkonzerts gilt. Seit der Entdeckung eines grossen Autographen-Konvoluts (über 450 Autographen, darunter 14 komplette Opern) in der Bibliothek der Salesianer von Casale Monferrato und der Alte Musik-Bewegung werden auch seine Opern wieder entdeckt.
Unter dem Titel «Nulla in mundo pax sincera» («Es gibt keinen sicheren Frieden auf der Welt») widmet sich das Pandolfis Consort auf seiner neuesten Einspielung dem bis jetzt am stärksten vernachlässigten Bereich aus Vivaldis Schaffen, der geistlichen Musik und hier Motetten und Introduzioni. Auch wenn Vivaldi einer der am besten verdienenden Komponisten seiner Zeit war, musste er, solange er jeweils vom Ospedale della Pietà angestellt war, durch seinen Vertrag verpflichtet, geistliche Musik komponieren.
Die Motette für Sopran, Streicher und Basso continuo RV 626 «In furore iustissimae irae» dürfte anlässlich eines Aufenthalt Vivaldis in Rom entstanden sein. Die virtuose Gesangslinie, die deutlich von Vivaldis Erfahrung als Opernkomponist zeugt, legt nahe, dass die Uraufführung von einem Kastraten gesungen wurde. Ebenfalls in Rom dürfte die Motette für Sopran, Streicher und Basso continuo RV 631 «O qui coeli terraeque serenitas» entstanden sein. Zwischen 1713 und 1715 wird Vivaldi die Motette für Sopran, Streicher und Basso continuo RV 630 «Nulla in mundo pax sincera» für die Mädchen des Ospedale komponiert haben. Die Einleitung zum Gloria (RV 589) für Sopran, Streicher und Basso continuo RV 642 trägt den Titel «Ostro picta, armata spina». Die Introduzione, ein nicht-liturgischer Text in lateinischer Sprache als Vorbereitung zu einem liturgischen Text, dürfte bei einer Festmesse zu Mariä Heimsuchung uraufgeführt worden sein, da sich der Text auf dieses Ereignis, den Besuch Marias bei ihrer Cousine Elisabeth, der baldigen Mutter Johannes des Täufers, bezieht. Ergänzt werden die Aufnahmen geistlicher Musik durch Einspielungen des Concerto für Streicher und Basso continuo g-Moll RV 157, des Concerto für Violoncello, Streicher und des Basso continuo d-Moll RV 405 und Concerto für Streicher und Basso continuo c-Moll RV 119.
Die sechs Musiker des Pandolfis Consort, Maximilian Bratt (1. Violine), Katarzyna Brzoza (2. Violine), Elżbieta Sajka-Bachler (Viola), Georg Kroneis (Violone), Hubert Hoffmann (Theorbe) und Matthias Krampe (Orgelpositiv), spielen einen historisch informierten, höchst eleganten Vivaldi und tragen die Solisten, die Sopranistin Aleksandra Zamojska und Michal Stahel am Violoncello, auf Händen durch die Aufnahme.
Eine gelungene Silberscheibe.
25.11.2022, Jan Krobot/Zürich