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CD Neues mit dem SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS, BR Klassik. MARISS JANSONS dirigiert Richard Strauss, Camille Saint-Saëns und Francis Poulenc  

20.03.2020 | cd

CD Neues mit dem SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS, BR Klassik

 

MARISS JANSONS dirigiert Richard Strauss, Camille Saint-Saëns und Francis Poulenc

 

Ein Schaum-Vollbad in Schönheit und orchestraler Pracht: Mariss Jansons, im letzten Dezember verstorbener lettischer Maestro der Superklasse, hat im März 2019 in der Philharmonie im Gasteig Camille Saint-Saëns „Orgelsymphonie“ in c-Moll, Op. 78 und Francis Poulencs Konzert für Orgel, Streichorchester und Pauken in g-Moll mit Iveta Apkalna aufgeführt. 

 

Saint-Saëns war lange Jahre Organist an der Pariser Église de la Madeleine zur sonntäglichen Freude der Gläubigen wie Musikbegeisterten. Als Meister der Improvisation auf der berühmten Orgel von Aristide Cavaillé-Coll hinterließ er vergleichsweise nur wenige Werke für diese Königin aller Instrumente. In der im Duktus zeremoniell  aristokratisch wirkenden, Franz List gewidmeten Symphonie Nr. 3 in c-Moll wird die Orgel als dienender Teil der Gesamtinstrumentierung gesehen und ihr keine solistisch konzertierende Rolle zugeeignet. 

 

Mariss Jansons gelingt eine frei und ruhig fließende Wiedergabe mit organisch verstetigt aufgebauten Steigerungen. Die von Iveta Apkalna bravourös gespielte Orgel schmiegt selbstbewusst aber unaufdringlich an die sanften Harmonien und königlichen Fanfaren, mischt ihren edlen Klang in das immer intensiver werdende Maestoso, den stetig sich verdichtenden Satz. Der Schluss überwältigt als gewaltige festliche Apotheose mit Trompeten und Orgelfermate.

 

Da klingt Poulencs „Orgelkonzert“ schon weihrauchgeladener und dramatisch zündender. Poulencs persönliche „Mischung aus Mönch und Lausbub“ (Claude Rostand) prägt auch das 1938 fertig gestellte Orgelkonzert. Die siebensätzige Fantasie eint sakrale Klänge einer katholischen Messe mit dem banaleren bunten Treiben eines Kirtags, wo ja auch Drehorgeln zur Kulisse des Trubels gehören. In der Hauptsache darf das im Auftrag der Nadia Boulanger Schülerin Winnarette Singer alias Princesse Edmond de Polignac entstandene klangmächtige Werk aber als geschäftig tönende Landschaft der Metropole Paris gehört werden. Mariss Jansons und das hervorragend disponierte Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks verzaubern mit einer feierlichen bis grell animierten Interpretation. Das Tempo der Großstadt mit ihren Dampfmaschinen, dem hektischen Getriebe und das stille Innehalten beim Verweilen in einer der Pariser Kirchen stellen die kontrastierenden Pole dar. 

 

Der soeben erschienene Mitschnitt eines reines Richard Strauss Programms geht auf Konzerte im Oktober 2017 im Herkulessaal der Residenz zurück: „Also sprach Zarathustra“,  Tondichtung für großes Orchester frei nach Friedrich Nitzsche und die „Burleske“ für Klavier und Orchester mit Daniil Trifonov als Solisten. Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks überrascht mit einer irisierenden Klangopulenz, die beim Zarathustra sogar Karl Böhms geniale Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern übertrifft. Der Sonnenaufgang als auch das Tanz- und Nachtwandlerlied zeugen von höchster Orchesterkultur und der von Jansons bei allem Glanz und den kraftvoll auftrumpfenden Entladungen so überzeugend zelebrierten Balance in den Stimmen. 

 

Der 21 Jahre junge Strauss war Assistent Hans von Bülows bei der Meininger Hofkapelle, als er seine zunächst als Scherzo bezeichnete “Burleske” schrieb. 1890 wurde das ausgelassene Konzert mit dem Eugen d’Albert am Flügel in Eisenach uraufgeführt. Daniil Trifonov ist der temperamentvolle russische Tastentiger in der hier präsentierten Einspielung, der die zaubervolle Eleganz in der Nachfolge von Brahms subtil ausleuchtet und den grotesken Humor des Stücks mit überbordendem Temperament serviert. Den “Burleske” Schallplattenstars Gould und Gulda begegnet Trifonov künstlerisch mit seinem atemberaubendem Spiel absolut auf Augenhöhe.

 

Weiterer Tipp: Jakub Hrusa hat mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Josef Suks Symphonie Nr. 2 in c-Moll Op. 27 mit dem Beinamen „Asrael“  für Konzerte in der Philharmonie am Gasteig Oktober 2018 erarbeitet. Beim Anhören ist zu verstehen, warum der neue Chef der Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko diese Musik so sehr schätzt und sich schon mit dem Orchester der Komischen Oper Berlin aufgenommen hat.

 

Dr. Ingobert Waltenberger 

 

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