Neue CD mit Ragnhild Hemsing (Geige) bei Berlin Classics erschienen
Hommage an Norwegen
Die norwegische Geigerin Ragnhild Hemsing tritt hier zusammen mit dem ausgezeichneten Bergen Philharmonic Orchestra auf, das einst von Edvard Grieg geleitet wurde. Dieses exzellente Orchester sei ihr schon seit vielen Jahren sehr ans Herz gewachsen, so Ragnhild Hemsing. Mit 14 Jahren ist sie zum ersten Mal mit ihm aufgetreten: „Damals mit dem Violinkonzert von Mendelssohn. Ich war fürchterlich aufgeregt und ich werde es nie vergessen“. Das neue Album heißt „Bruch+Tveitt“ und stellt wenig bekannte Komponisten vor. Die Romanze des Norwegers Johann Svendsen (1840 bis 1911) war schon zu dessen Lebzeiten erfolgreich. Ragnhild Hemsing spielt hier zusammen mit dem Bergen Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Eivind Aadland fast sphärenhaft und betont die leidenschaftlichen Momente dieser spätromantischen Komposition mit großer Emphase. Auch das Konzertstück „Huldra aa’n Elland“ für Violine und Orchester des Norwegers Sigurd Lie (1871 bis 1904) ist außerhalb Norwegens wenig bekannt In der norwegischen Tradition sei eine Huldra ein überirdisches, weibliches Wesen. Manche würden sie als junges Mädchen mit wallendem, blondem Haar und einem Kuhschwanz beschreiben, so Hemsing. Das Stück wurde von der Erzählung „Lieder der Talbewohner“ von Edward Storm inspiriert und erzählt die Geschichte von der Begegnung der jungen Elland mit einer Huldra. Auch hier berühren die lyrischen Kantilenen, mit denen Ragnhild Hemsing zusammen mit dem Bergen Philharmonic Orchestra unter Eivind Aadland aufwartet. Typisch norwegisch ist ebenfalls das Konzert Nr. 2 für Hardangerfiedel und Orchester von Geirr Tveitt (1908 bis 1981). Es trägt den Titel „3 Fjorde“ und beschreibt in den drei Sätzen den Hardangerfjord, den Sognefjord und den Nordfjord. Bei den Werken, die sie hier ausgewählt habe, gebe es einen gemeinsamen Nenner, so Ragnhild Hemsing. Für sie sei es auch interessant, diese Werke auf der Hardangerfiedel zu präsentieren, ergänzt Hemsing. Das ist durchaus ihre Spezialität, wie man sich bei dieser klanglich transparenten Einspielung überzeugen kann. Auch das berühmte Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 in g-Moll op. 26 von Max Bruch steht auf dem Programm. Bruch und Tveitt zusammenzubringen und zu kombinieren, sei für sie interessant gewesen, erläutert die Geigerin. So interpretiert sie das Werk sehr stilgerecht und eigenwillig. Dabei spürt man, wie nahtlos das Vorspiel und der zweite Adagio-Satz ineinander übergehen. Vor allem gelingt es Ragnhild Hemsing hervorragend, die Violine singen zu lassen. Das Bergen Philharmonic Orchestra unter Eivind Aadland betont die eindrucksvollen dynamischen Steigerungen dieser Musik, die Bruch als Meister der Instrumentation und Satzkunst ausweisen. Der sehr abwechslungsreich gestaltete Solopart unterstreicht wirkungsvoll die Melodienfülle des Adagio. Und erfrischend drängt sich wieder das erste Thema auf. Tänzerischer Schwung und vorwärtsdrängende Kraft triumphieren. Assoziationen zu Johannes Brahms fehlen nicht. Und im Allegro-Finale schließt sich das kontrastierende zweite Thema an, führt zu einem berauschenden Feuerwerk der Virtuosität. Selten hört man hier die Violine so klar und ausdrucksvoll. Vor allem die kunstvollen Doppelgriffe blitzen hell auf.
Alexander Walther