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CD: Neue CD „Extase“ mit dem Pianisten Mario Häring bei Berlin Classics/

10.02.2024 | cd

Neue CD „Extase“ mit dem Pianisten Mario Häring bei Berlin Classics/

Klangliche Querverbindungen

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Er habe sich ein Programm vorgestellt, das musikalisch quasi durch ein Berliner Techno-Wochenende führe, so der Pianist Mario Häring. Damit meine er keine elektronische Musik, sondern Klaviermusik von Claude Debussy bis Richard Wagner. Das verbindende Element sei die ekstatische Wirkung dieser Musik, die jeder spüren könne, der sie höre oder gar spiele. Deswegen der passende Titel „Extase“. Das Programm beginnt hier passend mit „L’Isle Joyeuse“ von Claude Debussy. Diese dionysische Vision von dämonischer Gewalt fesselt den Zuhörer. Die aus dem lydischen Triller entspringende Arabesken-Kette und die Triolengirlanden funkeln und glitzern. Auch der neue und stürmische Rhythmus tritt kontrapunktisch reizvoll den lydischen Kantilenen gegenüber. Ein weiterer Höhepunkt auf dieser CD ist die rasante Interpretation des „Mephisto-Walzers“ Nr. 1 von Franz Liszt. Hier triumphieren vor allem die dämonischen Quint-Akzente  und die wahrhaft verführerische Sinnlichkeit des Mittelsatzes in Des-Dur. Beide Themen wechseln sich in einer rauschhaften Steigerung ab. Klangfarbliche Wandlungen und diabolische Sprungeffekte zeigen Momente der Raserei. Bei der facettenreichen „Techno-Parade“ für Flöte, Klarinette und Klavier von Guillaume Connesson kommen Clara Andrada de la Calle (Flöte) und Sharon Kam (Klarinette) hinzu.  Es ist ein explosives Stück voller abrupter rhythmischer Effekte. Bei „Extase“ sei es ihm wichtig gewesen, dass das Programm auch sein musikalisches Schaffen repräsentiere. Denn die Kammermusik sei ihm mindestens genauso wichtig wie seine solistische Tätigkeit. „Ich erlebe so unterschiedliche Welten und viele Stile“, betont Mario Häring.

Bei Alexander Skrjabins Klaviersonate Nr. 5 op. 53 unterstreicht Mario Häring als Pianist das Eruptive und Ekstatische genauso wie das Verhaltene. Der gewaltige Absprung zu neuen Ufern ist überall spürbar, wenn auch nicht so unmittelbar wie bei Igor Shukow. Die neue Skala von acht gleichwertigen Themen funkelt verführerisch, sie entsteht aus vier großen Terzen. Man denkt fast an einen harmonischen Vulkanausbruch. Auf die Intensität der Terzenverkettungen legt Häring großen Wert, auch wenn seine Wiedergabe eigenwillig ist. Mario Häring sieht Skrjabins Sonate Nr. 5 als Hauptwerk dieses Programms, die auf dessen „Poeme de l’Extase“ basiert.  Bei „3 Chansons de  Bilitis“ von Claude Debussy kommt die Sopranistin Josefine Göhmann hinzu. Hier wird die Welt der Kurtisane Bilitis mit der Sopranistin Josefine Göhmann und dem Pianisten Mario Häring mit intensiver melodischer Klangmalerei beschrieben. Der Ton wird hier zur Persönlichkeit, sphärenhafte Momente eingeschlossen. Ganz anders wirkt dann „Bacchanale für präpariertes Klavier“ von John Cage, wo alles an die differenzierte Klangwelt von Schlagzeug-Instrumenten erinnert. Zusammen mit Alexandre Castro-Balbi (Cello) präsentiert Mario Häring dann den dritten Andante-Satz aus der Sonate g-Moll für Cello und Klavier op. 19 von Sergei Rachmaninow, der virtuos und pathetisch zugleich klingt. Den Abschluss bildet Franz Liszts Klavier-Bearbeitung von Richard Wagners Isoldens Liebestod aus der Oper „Tristan und Isolde“. Mario Häring baut hier als Pianist die dynamischen Steigerungen behutsam auf, übertreibt nie und zeichnet die harmonische Entwicklung bedeutungsvoll nach. Chromatik und Halbtonschritte scheinen in überirdischen Gefilden zu entschwinden. Häring unterteilt die Musik in einzelne Tage und Nächte. Der Freitag ist Debussy, Liszt, Connesson und Skrjabin gewidmet. Am Samstag folgen Debussy und Cage und der Sonntag gehört Rachmaninow und Wagner. Man kann über diese Konstellationen streiten – klanglich verfehlen sie ihre Wirkung nicht.

Alexander Walther

 

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