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CD MILHAUD La Bien-Aimée, STRAVINSKY L’Oiseau de feu – Orchestre national d’Île-de-France, Enrique Mazzola; NoMadMusic

05.07.2018 | cd

CD MILHAUD La Bien-Aimée, STRAVINSKY L’Oiseau de feu – Orchestre national d’Île-de-France, Enrique Mazzola; NoMadMusic

 

Der französische Dirigent Enrique Mazzola hat sich in Berlin einen besonderen Ruf durch sein qualitätsvolles Dirigat der Meyerbeer-Opern in der Deutschen Oper Berlin erworben. Gemeinsam mit dem Pianola Experten Rex Lawson hat er nun für die neueste Einspielung mit seinem Orchestre national d’Île-de-France eine vergessene Ballettsuite ausgegraben. Seine Entdeckungsreise quer durch die für die Opéra de Paris kreierten Ballette macht diesmal bei Darius Milhaud und seiner 1928 entstandenen aparten Collagen-Suite „La Bien-Aimée“ halt.

 

Milhaud hat in dem sechsteiligen Stück (Ouvertüre, 5 Szenen) Kompositionen von Franz Liszt und/oder Franz Schubert (Sposalizio, Impromptu, Walzer, Grand galop chromatique) auf höchst charmante Weise für mechanisches Klavier (Pianola) und Orchester adaptiert. Leider hielt sich das Werk nicht im Repertoire, was vielleicht auch auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass es gemeinsam mit dem so eindringlichen Bolero von Maurice Ravel aus der Taufe gehoben wurde.

 

Es geht in dem Szenario von Alexandre Benois um einen Dichter, der in einem verwunschenen alten Schloss sein Leben Revue passieren lässt, besonders seine Liebschaften mit den Mädchen vom Land, den Grisetten und einer femme fatale ziehen vorüber. Stets hilft ihm seine Muse dabei, ihn über seine schmerzhaften Enttäuschungen hinwegzutrösten. Milhaud hat die „Texte“ von Schubert und Liszt mit prallem Humor orchestriert und ein Pianola als akustisch geisterhaftes Element zu den übernatürlichen Erscheinungen all der aus seinem Leben verschwundenen Frauen gefügt.

 

Der rauschebärtige Rex Lawson spielt auf einem komplexen Pianola Aeolian, der Klang ist aufgrund pneumatischer Pedale flexibler als man sich das vorstellen mag.

 
Gekoppelt ist Milhauds „An die Geliebte“ mit Igor Stravinskys legendärem, zwei Jahrzehnte früher entstandenem „Feuervogel“, genauer gesagt der in den USA adaptierten Suite für Orchester aus dem Jahr 1945. Für Diaghilev in Paris in engem Austausch mit der Truppe geschrieben, gehört dieses russische Ballett zu den absoluten Klassikern seines Genres. Hier kann Enrique Mazzola mit dem technisch erstklassigen, 1974 gegründeten Orchester die ganze Extravaganz des Stücks und den instrumentalen Reichtum der Partitur  zeigen. Der Klang ist weiträumig.

 

Fazit: Eine überaus erfreuliche CD, die nicht nur einen weiteren, primär regional tätigen Klangkörper verdientermaßen vor den internationalen Vorhang holt, sondern auch aufgrund der ungewöhnlichen Koppelung von beträchtlichem Repertoirewert.

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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