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CD MICHAEL HAYDN „ENDIMIONE“ Serenata in zwei Akten mit der SALZBURGER HOFMUSIK; cpo

19.06.2021 | cd

CD MICHAEL HAYDN „ENDIMIONE“ Serenata in zwei Akten mit der SALZBURGER HOFMUSIK; cpo

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Wolfgang Brunner, Leiter der 1991 von ihm gegründeten Salzburger Hofmusik, hat sich in den letzten Jahren um die Wiederbelebung der großteils vergessenen weltlichen Musik von Michael Haydn zweifelsohne verdient gemacht. Gemeinsam mit dem Label cpo hat sich Brunner hier einen guten Ruf als Dirigent von instrumentalen wie vokalen Raritäten wie den Bläserkonzerten, den Divertimenti, des Oratoriums „Die Wahrheit der Natur“ oder des Schäfergedichts in zwei Aufzügen „Die Hochzeit auf der Alm“ erworben.

Nun hat er in Kooperation mit dem Institut für Mozart-Interpretation der Universität Mozarteum und der Michael Haydn Gesellschaft (der Schweizer Komponist Graziano Mandozzi ist der Herausgeber des Notenmaterials) 245 Jahre nach der Entstehung erstmals M. Haydns Serenata „Endimione“ nach einem Libretto des unvermeidlichen Pietro Metastasio auf Tonträger eingespielt. Anlass für die Entstehung des Auftragswerks waren die Feierlichkeiten zur Weihe von Ignaz von Spaun zum Fürstbischof von Brixen durch Fürsterzbischof Colloredo am 17.11.1776.

Wie das damals so üblich war, wurde die Serenata für eine einmalige Aufführung geschrieben, gedruckt wurde das Werk nicht. Allerdings soll auch Mozart eine Kopie der Partitur besessen haben, was dazu geführt hat, dass die pastorale Musik zwischenzeitig ihm zugeschrieben wurde. „Endimione“ besteht nach einer Introduzione aus der damals üblichen Abfolge von Rezitativen und Arien, darüber hinaus gibt es ein Duett am Ende des ersten Teils. Die handelnden Personen sind Diana, die Göttin der Jagd (Sopran), deren Gefährtin Nice (Sopran), der schöne Hirte Endymion (Countertenor) und der Liebesgott Amor (Sopran). Wie so oft in barocken Huldigungen, geht es in der Serenata um Liebe mit Scheingefechten, Eifersucht und Täuschung samt Lösung des Knotens in einem strahlenden lieto fine. Die Musik lebt von den temporeichen Bravour-Arien der opera seria mit vielen Koloraturen und waghalsigen Intervallsprüngen, den elegisch pastoralen Abschnitten und einer raffiinierten Instrumentierung. Die Serenata leidet aber unter einer klanglichen Einförmigkeit (drei Soprane, ein Counter), allzu lyrischen Grundierung als auch den furchterregend langen, noch dazu schablonenhaften Rezitativen. In der Parte Seconda entfallen von insgesamt 53 Minuten Spielzeit über 20 Minuten auf Rezitative. 

Die Besetzung ist gut, aber auch nicht mehr. Aleksandra Zamojska als Diana verfügt über einen apart timbrierten, schlanken Koloratursopran. Die Verzierungen kommen gestochen scharf. Allerdings ist Zamojskas vibratoloser, gerader Tonansatz Geschmacksache. Mir gefällt es wenig, wenn das Auf- und Abphrasieren nicht zu bemerken ist, die Töne im Nirgendwo starten und ebenso wieder verschwinden. Nach einem emotional und dynamisch modulierten Legato darf bei solch einer Gesangstechnik auch nicht gefragt werden. Besser schneiden Ulrike Hofbauer als Nice und Lydia Teuscher als Amor ab. Beide Sängerinnen betonen bei kaum unterscheidbaren Stimmfarben das lyrische Element im Vortrag. Vom Ausdruck her bleibt ein Erdenrest: Ein Mehr an Nuancierung, an dramatischem Biss und eine bissigerer Artikulation hätte der Aufnahme gut getan. Der griechische Countertenor Nicholas Spanos als Endimione ist ebenfalls primär auf Wohllaut bedacht, manch vokale Linie schleift er im Ungefähren an. 

Die Salzburger Hofmusik begleitet elegant und gediegen. Wolfgang Brunner hätte temperamentvoller agieren müssen, um den Hörer bei der Stange zu halten. Es ist nicht seine stärkste Aufnahme. Nur enzyklopädisch sammelnden Barockmusik-Spezialisten zu empfehlen. 

Michael Haydn, wie sein berühmterer Bruder Joseph Sängerknabe im Stephansdom in Wien, war ab 1763 Hofkomponist des Erzbischofs von Salzburg und später auch als Organist an der Dreifaltigkeitskirche tätig und damit für die Dommusik verantwortlich. Er war ein äußerst fruchtbarer Tonsetzer, er hinterließ hunderte Kompositionen, darunter 41 Symphonien, Konzerte, Messen; Opern und Musik zu anderen Bühnenwerken.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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