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CD MAURICE RAVEL: Klavierkonzerte – SEONG-JIN CHO und das Boston Symphony Orchestra unter Andris Nelsons mit einem persönlichen Geburtstagsgruß; Deutsche Grammophon

08.03.2025 | cd

CD MAURICE RAVEL: Klavierkonzerte – SEONG-JIN CHO und das Boston Symphony Orchestra unter Andris Nelsons mit einem persönlichen Geburtstagsgruß; Deutsche Grammophon

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Am 7.3.1875 wurde Maurice Ravel geboren, das ist jetzt 150 Jahre her. Eines der schönsten Geburtstagsgeschenke kommt vom südkoreanischen Pianisten Seong-Jin Cho, das er nun gemeinsam mit dem sich in Höchstform zeigenden Boston Symphony Orchestra unter der beschwingten, rhythmisch federnden und locker swingenden musikalischen Leitung durch Andris Nelsons präsentiert.

Seong-Jin Cho zeigt sich im Ravel-Jahr 2025 als besonders engagiert. Bereits im Jänner erschienen sämtliche Werke für Klavier solo in chronologischer Reihenfolge, ein musikalisches Abenteuer, dem sich der Pianist mehrfach auch live stellte. Im zweiten Album sind nun Ravels Klavierkonzert für die linke Hand in D-Dur, M. 82 und das Klavierkonzert in G-Dur, M. 83 an der Reihe. Das Klavierkonzert für die linke Hand wurde vom im Ersten Weltkrieg versehrten österreichischen Pianisten Paul Wittgenstein in Auftrag gegeben. Es wurde in Wien am 5.1.1932 aus der Taufe gehoben.

Der Fauré Schüler Ravel ließ sich in seiner Musik von den harmonischen Experimenten der Zeit inspirieren, u.a. von Debussy und Satie, aber auch von russischen Avantgardisten, asiatischer Musik, Jazz und französischer Barockmusik. Der gezielte Einsatz von Pentatonik, Ganztonklängen, Bitonalität, die differenzierte Orchesterbehandlung, seine Instrumentierungsgabe und subtil gemalten Stimmungen münden nicht selten in einen Klangfarben-Rausch sondergleichen. Seinem Orchester entlockt Ravel ein wohltemperiertes Funkeln wie Diamantentiara und Smaragdcollier zusammen.

Viel ist dieser Tage von der Exzentrik des Komponisten zu lesen, seinem Dandytum, seiner Vorliebe für Rüschenhemden, Lackschuhe, seiner Faszination für exotische Katzen und japanische Zierblüten, seiner androgynen Aura.

Was unser neues Album angeht, so setzen Seong-Jin Cho und Andris Nelsons beim G-Dur Konzert noch mehr auf eine märchenhafte Exotik voll glitzernder Überraschungen im träumerischen Adagio assai, als dies vor nicht allzu langer Zeit Denis Kozhukhin mit dem Orchestre de la Suisse Romande unter Kazuki Yamada für Pentatone taten. Im verspielt dahinfliegenden Presto entfaltet Cho bei aller imaginierten Mechanik großstädtischen Nachtlichtern gleich ein flinkes Blinken und köstliches Vibrieren der Töne, wie sie poetischer und brillanter kaum sein könnten.  

Mit ähnlich elastisch variablem Anschlag stürzt sich Cho in das Lento des Konzerts für die linke Hand, und schöpft im Allegro gemeinsam mit dem luxuriös und ausbalanciert konzertierenden Boston Symphony Orchestra aus einer harmonisch ausgetüftelten Klangpalette. Im Finale von Tempo I lassen sie sich einen breitformatig effektvollen CinemaScope-Sound nicht entgehen.

 Hinweis: Zum 150. Geburtstag Ravels kommt ein Film in die Kinos, der die Entstehungsgeschichte des „Bolero“ mit Hauptdarsteller Raphaël Personnaz zum Thema hat. Regisseurin Anne Fontaine will Ravel zudem als Mensch näherkommen. Was sein nicht überliefertes Liebesleben anlangt, so glaubt Fontaine, dass der bis zu seinem 45. Lebensjahr mit seiner baskischen Mutter und sodann mit seinem Bruder zusammenlebende Ravel asexuell war. Ob dieses nicht verifizierbare biografische Detail wesentlich für das Verständnis der Werke ist, sei dahingestellt.

Fazit: Unaufgeregt, fein ziselierte Interpretationen voller Poesie und klanglicher Raffinesse. Bon anniversaire, Monsieur Ravel!

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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