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CD MAURICE RAVEL „JEUX DE MIROIRS“ – Gegenüberstellung von Originalkompositionen für Klavier solo mit Ravels eigenen Orchesterfassungen

19.11.2019 | cd

CD MAURICE RAVEL „JEUX DE MIROIRS“ – Gegenüberstellung von Originalkompositionen für Klavier solo mit Ravels eigenen Orchesterfassungen – JAVIER PERIANES, ORCHESTRE DE PARIS, harmonia mundi

Ravel orchestrierte einen substanziellen Teil seines Œuvres für Klavier, instrumentierte aber auch Schumanns „Carnaval“ und „Die Bilder einer Ausstellung“ von Mussorgsky. Die beiden Fassungen von „Alborada del gracioso“ (4.Teil der „Miroirs“) als auch „Le Tombeau de Couperin“ zeigen perspektivisch unterschiedliche und komplementäre Schichten in Bezug auf Klangfarben und das wesensimmanente Fluidum derselben musikalischen Zauberkammer auf.

Der im französischen Baskenland geborene Ravel sah das ihn so sehr inspirierende musikalische Spanien idealisiert durch seine hispanophile Mutter Marie Delouart. Ein Rhythmus, der nicht selten seine Musik durchzieht, ist die Habanera. Zum oftmals spanischen Kolorit der musikalischen Sprache Ravels trug auch sein Freund und Mitstudierender am Pariser Konservatorium, der katalanische Pianist Ricardo Viñes bei. Der war es auch, der die fünf Klavierstücke der „Miroirs“ 1906 in der Salle Érard uraufführte. Die Orchesterversion des vierten Stücks daraus „Alborada del gracioso“ (Morgenständchen eines verliebten alten Narren) entstand 1918. Ravel stilisiert hier populäre spanische Musik und gießt sie in bis heute modern wirkende Harmonien. Kastagnetten, Gitarre, Fagott und baskische Trommel lassen das Ständchen an die junge Frau besonders grotesk erscheinen.

Im künstlerischen Überbau ist “Le Tombeau de Couperin“ – eine hochformalisierte neoklassische Komposition in Suitenform – an das Andenken an den Barockkomponisten Couperin, bzw. generell die frz. Musik des 18. Jahrhunderts geknüpft. Konkret ist jeder der sechs Einzelsätze einem im Ersten Weltkrieg gefallenen Freund zugeeignet, außer Rigaudon, das an die Brüder Pierre und Pascal Gaudin erinnern soll, die gemeinsam am Ankunftstag an der Front ihr Leben gelassen haben. Das Prélude ist dem Leutnant Jacques Charlot, die Toccata Joseph de Marliave gewidmet. Die Musik klagt und trauert nicht, sondern evoziert die Liebe zum Leben all dieser so jung verstorbenen Männer, wie dies Marguerite Long so treffend formulierte. Ravel orchestrierte aber nur vier Teile der Suite, die Fugue und die Toccata bleiben auf dem Album dem Klavier vorbehalten.

Star der CD ist der Pianist Javier Perianes. Sein untrüglicher Instinkt für die Erdenhaftung der spanischen Folklore, für die rhythmische Härte der Musik amalgamiert mit dem Wissen um die hochartifizielle Verfeinerung durch den französischen Tonsetzer machen seine Interpretation so ausdrucksvoll. Im Klavierkonzert in G-Dur (1931) siegt die Lust an der virtuosen Geste. Ravel wollte das Mozart und Saint-Saëns zu seinen Vorbildern zählende dreisätzige Werk ursprünglich passenderweise als Divertissement bezeichnet wissen.

Das Orchestre de Paris unter der kundigen Leitung von Josep Pons steuert den Instrumentalpart bei, schillernd und präzise.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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