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CD MARIANI KLAVIERQUARTETT startet Gesamteinspielung aller Quartette von BRAHMS und GERNSHEIM; Audax Records

24.04.2021 | cd

CD MARIANI KLAVIERQUARTETT startet Gesamteinspielung aller Quartette von BRAHMS und GERNSHEIM; Audax Records

 

Reife Früchte einer künstlerischen Freundschaft 

 

„Was gibt es Schöneres als schon teuer gewonnene Freunde wie Johannes Brahms wiederum durch ihre Freunde der Zeit neu und noch besser kennenzulernen?“ Mariani Quartett

 

Veröffentlichung : 7.5.2021

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Auf dem neuen Album des wohl aufregendsten Klavierquartetts der Jetztzeit, dem 2009 gegründeten Mariani Ensemble, begegnen wir einer Rarität: Dem Klavierquartett in c-Moll Op. 20 von Friedrich Gernsheim. Dabei bildet dieses Quartett keinen Füller zum berühmteren von Johannes Brahms in g-Moll Op. 25, sondern es soll „gerade im Jahr der Kontaktbeschränkungen, des Abstands, des ,Social Distancing‘„ in einer direkten Gegenüberstellung eine lange künstlerische Nähe und Wertschätzung zweier herausragender Musiker beleuchten. Generell ist Gernsheim im Katalog dank des Erkundungswillens vor allem des Labels cpo (Symphonien, Cellosonaten, Klavierquintette) gar nicht schlecht vertreten. Das Mariani Quartett  selber hat seine Entdeckungsfreude  schon öfter auf Platten unter Beweis gestellt: So bei Werken von Emilie Mayer, Frank Bridge oder Bohuslav Martinu. 

 

Kennengelernt haben sich Brahms und Gernsheim beim Kölner Musikfest 1862. 1868, als Brahms den Sommer in Bonn verbrachte und Gernsheim Lehrer am Konservatorium in Köln und Chordirigent war, vertiefte sich der persönliche Austausch. Man diskutierte die jeweils neuesten Erzeugnisse. Wie weitreichend die Wertschätzung war, geht aus folgender kleiner Geschichte hervor: Nach einer Aufführung des Requiems von Johannes Brahms bedankte sich der Komponist überschwänglich bei Gernsheim mit folgenden Worten: „Ich verdanke Ihnen vor Allem, dass die Aufführung entschieden besser und zweifelsohner war als es leider das Werk selbst ist.“ Gernsheim spielte zum Jahreswechsel 1870/71 in Wien als Solist das Klavierkonzert in c-Moll mit den Wiener Philharmonikern, wobei sich Brahms persönlich rührend um den Pianisten von der Hotelzimmerbuchung bis hin zum passenden Instrument kümmerte. 

 

Der Komponist, Dirigent und Pianist Friedrich Gernsheim bot sich dem Mariani Klavierquartett als idealer Ko-Komponist an, um nicht nur alle drei Klavierquartette von Johannes Brahms auf Tonträger zu bannen, sondern einen neuen Bezug herzustellen. 

Das Mariani Klavierquartett selbst schwärmt vom herrlich romantischen Stil des Friedrich Gernsheim, der lange Phrasen mit wohldurchdachtem Kontrapunkt verbindet und in schönsten Melodien schwelgt. Selbstverständlich wollen die Künstler Gernsheim nicht als Anhängsel von Brahms begreifen, sondern vielmehr die Unterschiede herausarbeiten. 

 

„Gernsheim ist ein Meister der eleganten, langen Melodie, die er geschickt ausbaut und entwickelt. Brahms gibt seinen Melodien allerdings eine weitere Dimension, was nicht zuletzt auch an den unterstützenden Mittelstimmen mit ihren verbindenden Elementen liegt. Gerade diese im ersten Moment des Hörens nicht vollends fassbare Stimmführung beherrscht Brahms wie kein zweiter Komponist. Alleine durch eine gut ausgearbeitete Mittelstimmenpartie vermag die Musik von Johannes Brahms die schönsten Melodien nahezu ins Endlose zu tragen“, geben Philipp Bohnen (Violine), Barbara Buntrock (Viola), Peter-Philipp Staemmler (Cello) und Gerhard Vielhaber (Klavier) zu Protokoll. 

 

Aber schlussendlich liegt es nicht an den Worten, sondern im Spiel des Quartetts, das dieses Album so unverwechselbar und anregend macht. Ganz besonders gefallen das dynamische Feintuning, die weit gedachten Spannungsbögen, die Transparenz der Stimmen, der lange Atem. Dazu bietet das Album von der ersten Note an bis zum letzten Ton Spannung und eine aus allen Nähten platzende Energie.

 

Dr. Ingobert Waltenberger 

 

 

 

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