CD LUDWIG VAN BEETHOVEN TRIPELKONZERT für Violine, Cello und Klavier in C, Op. 56; DECCA
Sheku Kanneh-Mason, Benjamin Grosvenor, Nicola Benedetti mit dem Philharmonia Orchestra unter Santtu-Matias Rouvali
Unter den jüngeren interessanten männlichen Dirigenten darf neben den immer wieder genannten, karriere- und PR-mäßig besonders spektakulär auftrumpfenden Stars Klaus Mäkelä und Tarmo Peltokoski auf keinen Fall Santtu-Matias Rouvali außen vor bleiben. Von 2013 bis 2023 war er Chefdirigent des Philharmonischen Orchesters Tampere. Parallel dazu bekleidet er ab 2017 den Posten eines Chefdirigenten der Göteborger Symphoniker. Seit 2021 ist Rouvali zudem Principal Conductor des London Philharmonia Orchestra.
Rouvali hat für das Label alpha einen maßstabsetzenden Sibelius-Zyklus mit den Göteborgern (gefällt mir in der differenzierteren Klangauffächerung und sehnigeren Transparenz wesentlich besser als der ‚pauschalere Sibelius‘ von Mäkelä) gestartet, die Symphonien Nr. 1-5 sind bereits erhältlich.
Am 9.6.2023 nahm Rouvali gemeinsam mit dem Philharmonia Orchestra und dem in Klaviertrio-Formation antretenden Dreiergespann Sheku Kanneh-Mason (Cello), Benjamin Grosvenor (Klavier) und Nicola Benedetti (Violine) Beethovens dem Erzherzog Rudolph und somit späteren Olmützer Erzbischof gewidmetes Tripelkonzert auf. Alle drei Solisten sind Absolventen des BBC Young Musician-Wettbewerbs, hier trafen sie nach einer gemeinsamen Tournee zum ersten Mal für eine Tonträgerproduktion aufeinander. Ab Oktober wird es zusätzlich zur CD auch eine Vinyl-Edition geben.
1803/04 entstanden, hält das atmosphärisch an Joseph Haydn anknüpfende Tripelkonzert vor allem bravourös Schelmisches für das Cello vor. Und so ist auch der Star der vorliegenden Aufnahme neben dem musikalischen spiritus rector Santtu-Matias Rouvali ganz eindeutig der gerade einmal 25-jährige Brite Sheku Kanneh-Mason, der mit ungemein geschmeidigem und sinnlich einschmeichelndem Celloton diesem vor Lebensenergie und Spielwitz funkelnden Werk seinen Stempel aufdrückt.
Benjamin Grosvenor mit federnd perlendem Anschlag und Nicola Bendetti mit detailreich ziseliertem, bisweilen schüchternem Geigenton erweisen sich als eingeschworene Partner des Cellisten in den auf die rasch aufeinander folgenden Themen keck antwortenden metamorphosierenden Variationen des Allegros. Dem sonnig unbeschwerten Konversationston, ja schnatternden Miteinander von Klavier, Cello und Geige wirft Rouvali mit akzelerierten Tempi die rhythmischen Anker aufwogend im stets flexiblen wie im ‚Rondo alla polacca‘ tänzerisch beschwingten Orchestersound zu. Mit geradezu diebischer Freude lauscht man diesen fidelen Lustbarkeiten aus Beethovens Feder, wiewohl es von diesem Stück jede Menge an exzellenten, wahrlich nicht mit prominenten Namen geizende Aufnahmen gibt.
Das romantische ‚Largo‘ wird eingangs vom sanglichen Celloklang getragen, zu dem sich zuerst behutsam Klavier und dann zarte Geigentöne gesellen. Als Kuriosität erklingt am Ende des Albums die volkstümliche irische Melodie „Londonerry Air“ (Farewell to Cucullain) in einem Arrangement von Fritz und Hugo Kreisler. Diese Air gelangte als ‚Danny Boy’ zu immenser Popularität dank des Textes von Frederic Weatherly. Der rein instrumental aufbereitete Song startet mit den gleichen sechs Noten wie der langsame Satz des Tripelkonzerts, von unserem Trio (ohne Orchester) passend sentimental interpretiert.
Dazwischen erklingen acht der von Beethoven zwischen 1809 und 1820 im Auftrag des schottischen Verlegers George Thomson arrangierten 179 Volksliedern schottischen, walisischen und irischen Ursprungs für Singstimme und Klaviertrio. Der kanadische Bassbariton Gerald Finley singt die Scottish Songs op. 108 Nr. 2, 20, WoO 156 Nr. 19 („Sunset“, „Faithfu‘ Johnie“, „The Banner of Buccleuch“);die Welsh Songs WoO 155 Nr. 8, 18, 25 („Farewell, Thou Noisy Town“, „“The Parting Kiss“, „Sweet Richard“) sowie die Irish Songs WoO 153 Nr. 11, WoO 157 Nr. 8 („When far frrom the Home“, „By the Side of the Shannon“) mit der gebührenden volksliedhaften Einfachheit, ruhiger Stimmführung und der von ihm zu erwartenden lyrischen Einfühlung. Als stilistisch passionierter Liedsänger überzeugt mich Finley wesentlich besser denn als klein kalibrierter „Heldenbariton“.
Ein unterhaltsames Album, der humorigen Seite Beethovens gekonnt abgeluchst.
Dr. Ingobert Waltenberger