CD LUDWIG van BEETHOVEN: Symphonien Nr. 1-3, von Ferdinand Ries und Carl Friedrich Ebers für kleine Besetzung arrangiert – Weltersteinspielungen; dhm
„Ich glaube, Himmel und Erde muss unter einem zittern bei ihrer Aufführung.“ Ferdinand Ries zur „Eroica“ von Ludwig van Beethoven
Radio, Vinyl, CDs oder TV-Übertragungen aus der MET gab es im 19. Jahrhundert noch nicht. Daher musste, wer Musik hören wollte, entweder ins Konzert gehen oder sie selber aufführen. Da die (zahlungskräftigen) adeligen und bürgerlichen Salons und die zahllosen Klavier spielenden ebensolchen Zöglinge einen Riesenbedarf anmeldeten, hatte die Stunde der Bearbeitungen des gängigen symphonischen Repertoires entweder nur für Klavier oder aber für verschiedene kammermusikalische Besetzungen geschlagen. Darunter fallen etwa die berühmten Liszt-Transkriptionen sämtlicher Beethoven Symphonien für Klavier solo, obwohl sich da so manche Amateure wohl die Zähne ausbissen haben werden.
Auf der vorliegenden CD werden Bearbeitungen des Beethoven-Schülers Ferdinand Ries sowie des aus Kassel stammenden Komponisten und Kapellmeisters Carl Friedrich Ebers vorgestellt. Ebers griff in seiner Version der ersten Symphonie in C-Dur (gedruckt 1809) auf das Instrumentarium zwei Violinen, zwei Bratschen, Bass, zwei Klarinetten und zwei Hörner zurück. Ries entschied sich für seine Einrichtungen der zweiten Symphonie im Jahr 1807 ebenfalls für doppelt besetzte Streicher (Violinen und Bratschen), Cello, Kontrabass, Flöte und zwei Hörner. Bei der „Eroica“ hat Ebers seine Truppe etwas erweitert: zwei Violinen, Viola, Flöte, zwei Klarinetten, zwei Hörner und ein Bass bilden hier das putzig kleine Orchester.
Das Originalklangensemble Compagnia di Punto stellt die Raritäten mit hoher Energie, aber gewöhnungsbedürftigem Geigenklang vor. Der vollkommen gerade Strich und vibratolose Ton wirken gläsern kühl, wie aus einer Spieluhr. Da singt und schwingt nichts. Dafür bieten diese kleinen Besetzungen sehr viel beweglich Auf- und Anregendes an Artikulation, Phrasierung, rhythmischer Akkuratesse, Tempo und Dynamik. Was die vielen detaillierten Spielanweisungen anlangt, so ist die vorliegende Aufnahme überhaupt eine vielschichtige Angelegenheit. Ebers hielt sich bei seiner Neukomposition anders als der Vertraute und Schüler Ries durchaus nicht an die dynamischen und artikulatorischen Angaben von Beethoven. Daher hat die Compagnia di Punto hier in die Originalfassungen der Arrangements eingegriffen, bei Ebers auf die Spielanweisungen Beethovens zurückgegriffen und bei Ries auf Verdoppelungen der Bläser verzichtet.
Die Bearbeitungen sind trotzige Symphonie-Teenager, echte „Herzerln“, die ganz schön kräftige Lebenszeichen von sich geben. Die Wiedergaben sind streicherlastig, nur die Klarinette vermag sich daneben ausreichend Eigen-Raum zu verschaffen. Mir gefällt das Album trotz aller Einschränkungen (hier sei noch angemerkert, dass Phrasen kaum ausschwingen dürfen), weil es den Kern der Beethoven‘schen Genialität in sich trägt. Außerdem ist im Beethoven-Jahr jede Abwechslung, jede andere Sichtweise – vor allem dann, wenn sie bisher unsere Aufmerksamkeit entgangen ist – höchst willkommen. Fazit: Auf jeden Fall spannend!
Dr. Ingobert Waltenberger