CD LES MAÎTRES DU MOTET: Sébastien de Brossard, Pierre Bouteiller; Les Arts Florissants, harmonia mundi
“Requiem aeternam dona eis, Domine, et lux perpetua luceat eis” Introit zur Missa pro Defunctis
Die CD stellt zwei Meister der französischen Sakralmusik an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert vor: Sébastien de Brossard, Vikar und Kapellmeister im Münster von Strasbourg, später in Meaux, wo er neben der Aufrechterhaltung des musikalischen Kirchenlebens ein unermüdlicher Sammler vom Kirchenmusik wird. Viele der Handschriften in seiner Bibliothek – Kopierer gab es damals keine – hat er selbst angefertigt, sein Standardwerk „Dictionnaire de Musique“ wird viele Auflagen erleben. Der zweite heißt Pierre Bouteiller, mit nur bruchstückhaft erhaltener Biographie, aber fruchtbarem Output als Komponist in Troyes und später in Paris. Auf jeden Fall haben sich beide in Chalôns im Wirtshaus “Auberge des Chasseurs” auf der Durchfahrt getroffen, sind ins Gespräch gekommen. Am Ende nach ausreichend Speis und Trank soll Bouteiller “dreizehn ausgezeichnete Motetten und ein sehr gutes Requiem” an Brossard und dieser wiederum seine erste druckfrische Motettensammlung an den geschätzten Kollegen überreicht haben.
Paul Agnew musiziert die in ihrem Duktus meditativen, komplex kontrapunktischen mit Dissonanzen gespickten Trauer-Motetten des de Brossard, also das “Misere mein deus”, sein “Stabat Mater” und Bouteillers “Missa pro Defunctis” mit dem von William Christie 1979 gegründeten französischen Alte Musik Instrumental- und Vokalensemble Les Arts Florissants voller spiritueller Innigkeit, aber auch atemberaubender sängerischer Virtuosität. Wer den schottischen Tenor bislang nur von seiner stupenden, gleichermaßen humorvollen wie tief anrührenden Interpretation von Rameaus in Jupiter verliebter Nymphe “Platée“ (auf DVD erhältlich) her kennt, hat spätestens jetzt Gelegenheit, diesen exzellenten Musiker einmal auf anderem Terrain mit Taktstock zu erleben. Der Name des Ensembles ist einer Oper von Marc Antoine Charpentier entliehen. Dieser Komponist mag auch als kompositorische Modell mit profunden Einflüssen der deutschen und italienischen Musik für die Werke Brossards gelten.
Zwischen die liturgischen Trauermusiken hat Agnew Abschnitte mit gregorianischen Gesängen gefügt, die den Verlauf eines Trauerzugs und die Abschnitte der Messliturgie markieren. In der auf der vorliegenden CD präsentierten Rekonstruktion wird Brossards Vertonung des “Miserere“ von zwei Stücken für Orgel solo umrahmt, instrumentale Fassungen des Kyrie von André Saison – das eine für den Weg zum Haus des Verstorbenen und das andere für die Rückkehr zur Kirche.
Als Abschluss des einzigartigen Albums erklingt das fünfstimmige “Ave herum Corpus”.
Dr. Ingobert Waltenberger