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CD: Köthener BachCollektiv mit Midori Seiler bei Berlin Classics erschienen

21.03.2023 | cd

Köthener BachCollektiv mit Midori Seiler bei Berlin Classics erschienen

Virtuose Raritäten

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Neue CD mit Midori Seiler bei Berlin Classics erschienen/ Neben bekannten Violinkonzerten von Johann Sebastian Bach präsentiert die Geigerin Midori Seiler hier zusammen mit dem exzellenten Köthener BachCollektiv auch unbekannte Raritäten von Bachs Zeitgenossen. Da sticht zum Beispiel die klanglich reizvolle Suite D-Dur für Streicher und Basso continuo von Georg Linike (1680 bis 1762) hervor. Vor seiner Anstellung in Köthen war Linike Mitglied der Berliner Hofkapelle. In dieser Suite sind nur Ouvertüre und Air vierstimmig notiert, während die übrigen Sätze mit drei Stimmen auskommen. Dieses Prinzip folgt dem französischen Stil. Auch Augustin Reinhard Strickers Sonate D-Dur für zwei Violinen und Basso continuo überzeugt bei dieser Aufnahme durch ihre klangliche Transparenz. Stricker (1675 bis 1719) war Bachs Amtsvorgänger in Köthen. Hier herrscht die Mischform zwischen Triosonate und Suite vor. Italienische und französische Modelle behaupten sich dabei unmittelbar. Dieses Trio befand sich übrigens in der privaten Musiksammlung des Dresdner Konzertmeisters Johann Georg Pisendel, der  Artikulationen, dynamische Angaben und Verzierungen hinzufügte. Midori Seiler gelingt es dabei mit ihrem Ensemble ausgezeichnet, die figurativen Vorzüge dieser Komposition herauszustellen. Die Nähe zu Johann Sebastian Bach mindert die Wirkung nicht. Von dem Geiger Joseph Spieß weiß man wenig. Für dessen Kinder war Bach im Jahre 1728 als Pate verzeichnet. Spieß lässt den Ausführenden hinsichtlich der Notationsdichte viel mehr Freiraum wie Johann Sebastian Bach. Der italienische Stil feiert in seinem Konzert in e-Moll für Violine, Streicher und Basso continuo somit Triumphe und es kommt zu ausgedehnten Passagen zwischen Solovioline und Bass. Die notierten Linien werden hier von Midori sehr stark betont – und auch die improvisierte Verzierung ist bemerkenswert. Umrahmt werden diese interessanten Werke von Johann Sebastian Bachs Violinkonzerten BWV 1056R & 1064R. Stark im Stimmungsausdruck sind hier insbesondere die langsamen Sätze, wo sich die Melodielinie der Solovioline mit großer Intensität entfaltet. Bei beiden Konzerten kann die Solovioline immer wieder brillieren, rückt das Thema in benachbarte Tonarten und verstrickt sich in bewegende harmonische Gefilde. Midori hinterfragt die Tiefe und Reife dieser Musik mit philosophischem Ernst. Im Fokus ihrer Bearbeitungen seien  spezifische geigerische Eigenheiten gestanden, welche denen des Cembalospiels oft entgegenstehen würden, so Midori. Bei aller Anmaßung, einen Meister wie Bach zu transkribieren, sei es doch eine gängige Praxis der Barockzeit gewesen, die Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen. Der Geist dieser Werke entfaltet sich bei der weiträumigen Aufnahme wie von selbst. Auch bei den lyrischen Passagen verliert Midoris Spiel nicht die Spannungskraft. Beim Allegro des D-Dur-Konzerts BWV 1064R für drei Violinen, Streicher und Basso continuo überrascht zudem neben dem tänzerischen Schwung die sieghafte Geste.

Alexander Walther

 

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