CD-Klaviermusik mit ungewöhnlicher Programmatik
„POLYCHROMIE“ – LUISA IMORDE spielt Werke von François Couperin und Olivier Messiaen; Berlin Classics
Zwei französische Komponisten, die unterschiedlicher nicht sein könnten: der Hoforganist Ludwig XIV. François Couperin und Olivier Messiaen, der basierend auf seiner Leidenschaft für Vogelstimmen für eines der kreativ-avantgardistischsten Oeuvres der Nachkriegszeit verantwortlich zeichnet. Die junge deutsche Pianistin Luisa Imorde hat sich unter dem physikalisch-naturwissenschaftlichen Titel „Polychromie“ ein sinnlich alle Grenregrenzen überschreitendes klingendes, kluges Programm zusammengesucht. Nach einen geordneten reshuffle-Prinzip hören wir abwechselnd acht Préludes aus „L’Art de toucher Le Clavecin“ und eine Auswahl an Cembalostücken aus dem ersten, zweiten und dritten Buch von François Couperin gemixt mit den acht Préludes für Klavier des gerade 20-jährigen Olivier Messiaen. Hochbarock versus vom Impressionismus inspirierte Klavierstücke. Während der Synästhetiker Messiaen schon als kleiner Bub von den Glasfenstern der Sainte-Chapelle mit ihren vielfältigen Lichtwirkungen geradezu „mystisch“ fasziniert war und diese Erfahrungen u.a. in die Sammlung von acht Préludes einfließen hat lassen, hat der Pädagoge Couperin – scheint es- seine Préludes als „frei Kompositionen, bei der die Fantasie in all ihren Einfällen nachgibt“, vor allem für Schüler geschrieben zu haben.
Luisa Imorde hat sich in ihrer Auswahl sowohl von von der Tonart her charakterverwandten Stücken, als auch programmatischen Ähnlichkeiten leiten lassen. So antwortet der Messiaen’schen „Taube“ „Le Rossignol-en-amour“ des Couperin, am Ende der CD korrespondieren inhaltlich „Les petits moulins à vent“ und „Un reflet dans le vent“ miteinander. Und auf einmal bekommt der Hörer ein weiter aufgefächertes Bild von Couperin (so ganz und gar nicht nur der hochvirtuose Tastentiger) als auch von Messiaen, der in diesen frühen Werken auf seine eigene Art und Weise die Ausläufer der Spätromantik in kristalliner Ratio überwindet. Imorde spielt jedes Stück seinem Charakter gemäß, was Anschlag, Pedaleinsatz und den Farbenreichtum anlangt. Sehr empfehlenswert!
Dr. Ingobert Waltenberger