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CD: JOSEPH BOLOGNE, CHEVALIER DE SAINT-GEORGES: Violin Concertos Opp. 2 and 7 • Czech Chamber Philharmonic Orchestra Pardubice, Michael Halász

14.06.2023 | cd

CD: JOSEPH BOLOGNE, CHEVALIER DE SAINT-GEORGES: Violin Concertos Opp. 2 and 7 • Czech Chamber Philharmonic Orchestra Pardubice, Michael Halász

Wiederentdeckter virtuoser Geiger und begabter Komponist

Joseph Bologne, Chevalier de Saint-Georges, gehört zu den Künstlern, denen seit Black Lives Matter Gerechtigkeit widerfährt. Bis anhin nur als «schwarzer Mozart» bekannt, wird nun seine Musik für Podium und Bühne wiederentdeckt.

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Joseph Bologne wurde 1745 auf der französischen Karibik-Insel Guadeloupe als illegitimer Sohn eines französischen Plantagenbesitzers und einer senegalesischen Sklavin geboren. Um seinem Sohn eine bessere Ausbildung zu ermöglichen und die Restriktionen des Code Noir (Religionsfreiheit, Heirat, Handel) zu umgehen, übersiedelte der Vater George Bologne 1753 mit Sohn und Frau nach Paris. Joseph und seine Mutter Nanon mussten sich zwar bei der Polizei registrieren lassen, aber dann ermöglichten ihnen das Ansehen und das Vermögen des Vaters ein privilegiertes Leben. Joseph besuchte in Paris das Elite-Internat der Académie royale polytechnique des armes et de l’équitation, wo er eine klassisch akademische Ausbildung in Musik, Tanz und Fechten erhielt. Die sportlichen Erfolge, die tänzerischen Fähigkeiten, sein gutes Aussehen und sein Charme öffneten Joseph rasch die Türen zur gehobenen Pariser Gesellschaft. Trotz erfolgreichem Abschluss der Académie als Offizier König Ludwigs XIV. wurde Joseph auf Grund seiner Hautfarbe immer wieder als Kuriosität betrachtet und war rassistischen Anfeindungen ausgesetzt. Dank der gesellschaftlichen Verbindungen und der grosszügigen finanziellen Unterstützung durch seinen Vater konnte Bologne seine Karriere als Musiker und Komponist verfolgen. Unterrichtet wurde er unter anderem von Jean-Marie Leclaire und François-Joseph Gossec. 1769 wurde er im von Gossec gegründeten Ensemble «Le Concert des Amateurs», dem Besten der Stadt, Konzertmeister, und wurde 1773 nach dem Weggang Gossecs dessen Direktor. Zu den Besuchern der wöchentlichen Konzerte gehörte auch Königin Marie-Antoinette, die Bologne schliesslich zu ihrem Musiklehrer ernannte. 1776 setzte sich Marie-Antoinette vergeblich für die Ernennung Bolognes zum Direktorder Académie royale de musique ein. Mehrere Mitglieder klagten, keine Befehle von einem Mulatten entgegen nehmen zu wollen. So beschloss Ludwig XIV den Posten nicht zu besetzen. 1777 erreichte Bologne den Höhepunkt seiner Karriere, als er «Lieutenant de Chasses de Pinci» am Hof des Herzogs von Orléans wurde. Hier war seine Aufgabe die Produktion von Opern für Madame de Montesson, die zweite Frau Hof des Herzogs von Orléans. Am 8. März 1780 feierte in diesen Rahmen «L’Amant anonyme» seine Uraufführung. Vor der Revolution begann Bolognes Stern zu sinken: «Le Concert des Amateurs» wurde aufgelöst, sein Gönner, der Herzog von Orleans starb und die Zuwendungen seines Vaters nahmen ab. Um seinen Lebensunterhalt zu sichern, wandte sich Bologne wieder dem Fechten und dem Militär zu. John Adams (1735–1826), der zweite Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, würdigte die schillernde Persönlichkeit Bolognes: «Er ist der versierteste Mann in Europa, was das Reiten, Laufen, Schiessen, Fechten, Tanzen und die Musik betrifft».

Als Bologne in Diensten des Herzogs von Orléans war, lernte er Mozart kennen, der während seines Pariser Aufenthalts im gleichen Hause wie Bologne wohnte. Aus Gründen der zeitlichen und vermeintlich stilistischen Einordnung wird Bologne hin und wieder als «Schwarzer Mozart» bezeichnet. Diese Bezeichnung ist strikt abzulehnen, denn sie spricht Bologne die kompositorische Eigenständigkeit ab und schmälert seine Bedeutung für die Musikgeschichte. Die beiden Komponisten kannten einander. Beide waren instrumentale Virtuosen, beide waren internationale Berühmtheiten und beide formten auf ihre eigene Weise die klassische Epoche. Wer wen wie weit beeinflusst hat, lässt sich nicht genau nachweisen und muss auch nicht diskutiert werden.

Bolognes Violin-Konzerte Op. 2 waren nicht seine ersten gedruckten Werke: sie aber führten ihn beim Pariser Publikum bei seinem Debut 1772 als Virtuose von «Le Concert des Amateurs» und Komponist ein. 1773 übernahm er dann die Direktion von «Le Concert des Amateurs» von Gossec. Die beiden Violin-Konzerte Op. 7 komponierte Bologne 177 ebenfalls für sich selbst: dementsprechend bestätigen sie seine Virtuosität. Alle vier Konzerte leben vom Drive der Musik jener Zeit und belegen mit ihren Eigenheiten, wie unangebracht die Bezeichnung «Schwarzer Mozart» ist.

Das Czech Chamber Philharmonic Orchestra Pardubice unter Michael Halász spielen die vier Konzerte mit feuriger Leidenschaft und sattem Klang und bieten der Solistin Fumika Mohri die ideale Basis für ihre federnd leichten, schlanken Soli.

Die lohnende Entdeckung eines virtuosen Geigers und begabten Komponisten!

 

14.06.2023, Jan Krobot/Zürich

 

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